Rz. 35

Die Börse ist eine Unterart des Markts und unterscheidet sich von diesem dadurch, dass sie durch das Börsengesetz gesetzlich geregelt ist und dem Umsatz bestimmter Massengüter auf der Basis standardisierter Verträge dient. Eine gesetzliche Definition der Börse[1] fehlt jedoch, sieht man von der sehr allgemeinen Definition des § 2 BörsG ab. Der Börsenpreis wird gem. § 24 Abs. 1 BörsG festgestellt und soll der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entsprechen.[2]

 

Rz. 36

Auf einen Börsenpreis kann nur zurückgegriffen werden, wenn zu einem bestimmten Preis auch tatsächlich Umsätze getätigt wurden. Wurde zum Bilanzstichtag bzw. am letzten Börsentag vor dem Stichtag kein Umsatz getätigt, so ist der letzte durch einen Umsatz vor dem Stichtag bestätigte Preis für die Bewertung heranzuziehen. Wird der zu bewertende Vermögensgegenstand an mehreren Börsen gehandelt, so ist vorrangig jene Börse maßgebend, an der der zu bilanzierende Vermögensgegenstand vom Bilanzierenden gekauft und üblicherweise auch verkauft wird; im Zweifel ist der Preis einer inländischen Börse dem Preis einer ausländischen Börse vorzuziehen. Werden die gleichen Wertpapiere beispielsweise sowohl in einem inländischen als auch in einem ausländischen Depot gehalten und grundsätzlich über die jeweilige regionale Börse gehandelt, so können sich für diese Wertpapiere auch unterschiedliche Wertansätze in der Bilanz ergeben.

 

Rz. 37

Fraglich ist, welcher Wert anzusetzen ist, wenn der für den Bilanzstichtag maßgebliche Börsenpreis ein deutlicher Zufallswert ist, der vom Durchschnitt des Zeitraums[3] oder der Gattung von Vermögensgegenständen erheblich abweicht. Für die Handelsbilanz ist davon auszugehen, dass nur überhöhte Börsenpreise ohne Einfluss auf die Bewertung bleiben, während übermäßig gesunkene Börsenpreise aufgrund des Niederstwertprinzips auf jeden Fall zu berücksichtigen sind. Dagegen sind für die Steuerbilanz solche Börsenpreise, die aufgrund zufälliger oder manipulativer Schwankungen entstehen, nicht für die Bewertung heranzuziehen.[4] M. E. ist der steuerlichen Überlegung der Vorrang einzuräumen, um die Bewertung von Zufallswerten frei zu halten, was auch eine Verbesserung des Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bedeutet.

 

Rz. 38

Ein Vermögensgegenstand ist nicht mit dem direkten Börsenpreis zu bewerten, sondern mit dem "Wert, der sich aus einem Börsenpreis ergibt". Zur Ermittlung dieses Werts ist der Börsenpreis um Börsenspesen und sonstige Kosten zu verändern. Bei Vermögensgegenständen, welche nicht zum Verkauf bestimmt sind, ist der Börsenpreis (Briefkurs oder Mittelkurs) um anteilige Kosten zu erhöhen, sofern diese Kosten beim Kauf als Anschaffungsnebenkosten aktivierungspflichtig sind. Sind Vermögensgegenstände zum Verkauf an der Börse bestimmt, so sind vom Börsenpreis (Geldkurs oder Mittelkurs) die voraussichtlichen Verkaufsspesen abzuziehen.

 
Praxis-Beispiel

Am 10.8.01 werden 1.000 Aktien der C-AG erworben. Die Bankabrechnung weist folgende Posten auf:

 
1.000 Aktien (250 EUR/Stück) 250.000 EUR
Provision (0,5 %) 1.250 EUR
Courtage (0,1 %) 250 EUR
Auslagen   30 EUR
    251.530 EUR

Am 31.12.01 ist der Börsenpreis einer Aktie der C-AG auf 225 EUR gesunken, mit einer Kurserholung ist nicht zu rechnen.

Der Börsenpreis ist um 10 % gesunken. Deshalb sind auch die kurswertabhängigen Anschaffungsnebenkosten um 10 % abzuschreiben:

 
historischer Bilanzansatz 251.530 EUR
minus Abschreibung 25.150 EUR
Bilanzansatz per 31.12.01 226.380 EUR
[1] Die teilweise vorgenommene strenge Unterscheidung von Börse einerseits und Markt andererseits hat für die konkrete Bewertung keine Bedeutung. M. E. hat der Gesetzgeber in § 253 Abs. 3 HGB beide Begriffe nur zur Klarstellung erwähnt, nicht aber, um daraus unterschiedliche Bewertungsregeln abzuleiten.
[3] Als maßgebender Zeitraum kann maximal ein Monat vor oder nach dem Bilanzstichtag angesehen werden.

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