Rz. 18

Im Rahmen der BGH-Entscheidung vom 24.5.2005[1] wird im Anwendungsbereich der betriebswirtschaftlichen Methodik eine Herangehensweise herausgestellt, die zunächst auf einem Liquiditätsstatus aufbaut. So führt der IX. Senat in seiner Entscheidung aus: "Demgemäß wird verbreitet davon ausgegangen, zahlungsunfähig sei ein Schuldner, wenn ihm die Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten wegen eines objektiven, kurzfristig nicht zu behebenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht möglich sei. Um dies festzustellen, werden im Rahmen einer Liquiditätsbilanz die aktuell verfügbaren (sog. Aktiva I, der Verfasser) und kurzfristig verfügbar werdenden Mittel (sog. Aktiva II, der Verfasser) in Beziehung gesetzt zu den an demselben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten."[2]

Eine solche Darstellung könnte auch in tabellarischer Form erfolgen, wie die nachstehende Übersicht zeigt:

 
Datum

Bestand

Kasse

Bestand

Bank-

konto

freie

Kredit-

linien

Ggf.

Aktiva II

Summe

liquide

Mittel

Fällige

Kreditoren

gem.

OP-Liste

Stg.

fällige

Verblk.

(z. B. USt,

LSt)

Summe

fällige

Verblk.
Unterdeckung

Deckungs-

grad

(in %)

                   

Für den Fall, dass bei der vorstehenden Liquiditätsstatusrechnung eine Unterdeckung auftritt, ist zusätzlich ein prognostisches Element zu berücksichtigen.[3] Hier führt der BGH in seinem Urteil vom 24.5.2005 einschlägig aus: "Für die Prognose, die der Geschäftsführer anstellen muss, sobald bei einer Liquiditätsbilanz eine Unterdeckung festzustellen ist, und die er bei jeder vorzunehmenden Zahlung kontrollieren muss, sind die konkreten Gegebenheiten in Bezug auf den Schuldner – insbesondere dessen Außenstände, die Bonität der Drittschuldner und die Kreditwürdigkeit des Schuldners –, auf die Branche und die Art der fälligen Schulden zu berücksichtigen."[4]

Unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentierung lässt sich somit die vorstehend abgebildete Statusrechnung noch weitgehender differenzieren.[5] Dabei werden die Summe aus Kassen- und Bankbeständen sowie die nicht ausgenutzten Kreditlinien auch als Aktiva I bezeichnet. Gemeint sind damit schlussendlich sämtliche sofort verfügbaren Geldmittel. Ergänzend zu den Aktiva I wird auch die Berücksichtigung der sog. Aktiva II diskutiert. Darunter versteht man grob gesprochen die innerhalb der folgenden 21 Tage verfügbaren liquiden Mittel. Diese weitergehende Differenzierung im Bereich der Aktiv- und Passivpositionen soll nachfolgend genauer dargestellt werden.

 

Rz. 19

Weitere Untergliederung der Aktivpositionen

Hinsichtlich des Aufbaus einer Liquiditätsbilanz gibt es unterschiedliche Auffassungen über die vorzunehmende Gliederung und Berücksichtigung von Aktivpositionen. So ist es in der Praxis der Insolvenzverwaltung durchaus üblich, die Summe der verfügbaren liquiden Mittel aus der Addition von sämtlichen Kassenbeständen, Guthaben auf Bankkonten und nicht ausgenutzten Kreditlinien zu ermitteln. Analysiert man jedoch die Rechtsprechung des BGH auf diesen Sachverhalt hin, zeigt sich, dass ggf. eine weitergehende Differenzierung erforderlich werden könnte. So führt der BGH in seiner Entscheidung vom 12.10.2006 zu diesem Sachverhalt aus: "Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufzustellen sein. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von 3 Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten."[6] In gleicher Weise argumentiert auch der IX. Senat des BGH in seinem Beschluss vom 19.7.2007, wenn er zur Zusammensetzung der Aktiva im Liquiditätsstatus festhält: "Grundsätzlich sind in die Prüfung der Voraussetzungen des § 17 InsO zu erstellende Liquiditätsbilanz (…) daher nur die aktuell verfügbaren liquiden Mittel und die kurzfristig verwertbaren Vermögensgegenstände aufzunehmen, im vorliegenden Fall also das Bankguthaben, der Kassenbestand, der Pkw und die monatlich zu erwartenden Zahlungen."[7]

In Ergänzung zu den vorstehend zitierten Entscheidungen des BGH gehören zu den kurzfristig verwertbaren Vermögensgegenständen nicht nur der im BGH-Beschluss vom 19.7.2007 angesprochene PKW, sondern beispielsweise auch im 3-Wochen-Zeitraum fällig werdende Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie ggf. zusätzlich frei werdende Kreditlinien.[8] Da der BGH davon ausgeht, dass eine Zahlungsunfähigkeit nur dann vorliegt, wenn sich die festgestellte Liquiditätslücke nicht innerhalb des 3-Wochen-Zeitraums wieder schließen lässt, ist die Berücksichtigung dieser zusätzlich verwertbaren Aktivpositionen sachlogisch, da ansonsten ein Ungleichgewicht entstehen würde.

 

Rz. 20

Es könnte im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Aktiva II allenfalls fraglich sein, ob die Berücksichtigung noch eingehender Zahlungen auf Außenstände ggf. unter Berücksichtigung eines angemessenen Wertabschlags erfolgen sollte. Für die Vornahme einer Wertberichtigung spricht die Tatsache, dass der BGH in seinem Beschluss ...

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