Leitsatz

1. Wird ein Grundstück im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe veräußert und zu einem späteren Zeitpunkt der Kaufpreis aus Gründen, die im Kaufvertrag angelegt waren, gemindert, so ist nach ständiger Rechtsprechung nur der tatsächlich erzielte Veräußerungserlös in das Betriebsaufgabeergebnis einzustellen. Gleiches kann dann gelten, wenn der ursprüngliche Kaufvertrag aufgehoben und das Grundstück zu einem geringeren Preis an neue Erwerber veräußert wird.

2. Zur Selbstständigkeit der einzelnen Regelungen eines Gewinnfeststellungsbescheids (hier: Betriebsaufgabetatbestand; Höhe des Betriebsaufgabegewinns) und deren Bindungswirkung.

 

Normenkette

§ 175, § 179, § 180 AO, § 16 Abs. 3 EStG, § 48 FGO

 

Sachverhalt

Die klagende X-KG i. L. beendete die gewerbliche Tätigkeit und veräußerte 1988 an die KBau ein im Anlagevermögen ausgewiesenes Firmengrundstück mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zum 31.3.1989. Die KBau hatte sich ein Rücktrittsrecht vorbehalten. Anstelle des Ausweises als reines Wohngebiet wurde dann im Bebauungsplan der A-Stadt nur ein Mischgebiet ausgewiesen. 1999 wurden drei Vereinbarungen getroffen. Das Grundstück wurde zum Zweck der Ansiedlung einer Privatschule an die A-Stadt und einen Schulverein sowie eine Restfläche an einen Gesellschafter der KG veräußert. Die KG hatte der KBau die erhaltenen Kaufpreisraten sowie Bauvorbereitungskosten zu erstatten; die A-Stadt verpflichtete sich, der KBau ein Ersatzgrundstück zur Wohnbebauung anzubieten.

Nach einer Außenprüfung bei der KG erfasste das FA den aus der Veräußerung des Grundstücks an die KBau erzielten Gewinn von rd. 2 Mio. DM im Rahmen des Betriebsaufgabegewinns. Das FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002, 12 K 37/02, juris, bestätigte die Rechtsauffassung des FA.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zur Feststellung der von den Zweiterwerbern tatsächlich gezahlten Kaufentgelte und der Ermittlung des Aufgabegewinns zurück.

Der BFH sah die KG noch nicht als vollbeendet und damit als prozessführungsbefugt nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 HS 1 FGO an, da sich die Gesellschafter zur Zahlung von Nachschüssen verpflichtet hatten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 27.4.1993, VIII R 27/92, BStBl II 1994, 3).

Verfahrensrechtlich hatte der BFH nicht zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe im Jahr 1989 vorlagen; denn streitig war ausschließlich die Höhe des Betriebsaufgabegewinns, die eine eigenständige, selbstständig angefochtene gesonderte Feststellung einer Besteuerungsgrundlage darstellt (BFH, Urteil vom 6.12.2000, VIII R 21/00, BFH-PR 2001, 96), zum Verhältnis der bindenden Feststellung einer Vorfrage – hier des Betriebsaufgabevorgangs – zu der streitigen Folgefrage – hier der Höhe des Betriebsaufgabegewinns.

Unabhängig von der Frage, ob bei dem notwendigen zeitlichen Zusammenhang mit dem Aufgabevorgang auf die schuldrechtliche Abrede oder auf den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung abzustellen ist, waren im Streitfall sowohl der erste Kaufvertrag als auch der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zeitlich dem einheitlichen Aufgabevorgang zuzuordnen. Im Übrigen war im Streitfall rückwirkend der anzusetzende Gewinn unter Durchbrechung des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung und des Realisationsprinzips nach Maßgabe der in 1999 geschlossenen Verträge zu ermitteln.

 

Hinweis

1. Seit dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.7.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897 stellen nachträgliche Änderungen des für die Veräußerung eines Gewerbebetriebs vereinbarten Kaufpreises ein Ereignis dar, dass i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Veräußerungszeitpunkt zurückwirkt. Damit wird die Höhe des Veräußerungsgewinns entsprechend dem tatsächlichen Forderungsausfall beeinflusst. Unerheblich ist für die rückwirkende Korrektur, ob die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, die zur Änderung des Kaufpreises führen, bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen oder erst nach Vertragsschluss eingetreten sind.

2. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für den Fall der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Betriebsaufgabe, jetzt § 16 Abs. 3 Satz 6 EStG, und sinngemäß auch bei noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen.

3. Im Fall einer Ausübung des Rücktrittsrechts durch die Ersterwerberin wären diese Grundsätze ohne weiteres anzuwenden gewesen. Der BFH sieht indes unter den besonderen Umständen des Streitfalls keinen Grund, auch die Korrekturen aufgrund des Aufhebungsvertrags nicht in Fortentwicklung dieser Grundsätze entsprechend zu behandeln und anstelle des ursprünglichen Kaufpreises nunmehr das von den "Zweiterwerbern" erzielte Entgelt im Rahmen des Aufgabegewinns zugrunde zu legen.

4. Durch den Aufhebungsvertrag ist nämlich nicht der notwendige sachliche und zeitliche Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe gelöst worden. Entscheidend für diese Beurteilung ist, dass entsprechend dem Begünstigungszweck der §§ 16, 34 EStG auf den Veräußerer abzustelle...

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