OFD Hannover, 3.9.2003, S 0340 - 27 - StH 461/S 0340 - 8 - StO 321

 

1. Zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.11.2002, GrS 2/01, BStBl II 2003 II S. 548

Nach der bisherigen Rspr. reichte es für die Wahrung der Festsetzungsfrist aus, den Steuerbescheid rechtzeitig abzusenden; der tatsächliche Zugang des Bescheids war insoweit unmaßgeblich. Es genügte, dem Stpfl. nach Ablauf der Festsetzungsfrist einen inhaltsgleichen Bescheid zu übersenden. Dies reicht zur Fristwahrung nicht mehr aus.

Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 25.11.2002 GrS 2/01 (a.a.O.) entschieden, dass die Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO nur gewahrt ist, wenn der Steuerbescheid, der vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat, dem Empfänger auch tatsächlich zugeht (Änderung der Rspr.) Ein Zugang des Steuerbescheids vor Ablauf der Festsetzungsfrist ist für die Fristwahrung nicht erforderlich.

Es soll daher darauf geachtet werden, dass Steuerbescheide, bei denen der Eintritt der Festsetzungsverjährung droht, förmlich nach dem Verwaltungszustellungsgesetz zugestellt werden (§ 122 Abs. 5 Satz 1 AO), wenn auf Grund besonderer Umstände vermutet werden kann, dass der Stpfl./Steuerberater im Einzelfall den Zugang des Steuerbescheids bestreiten wird (AEAO § 122 Abschn. 3.1).

Die Regelung in Nr. 1 des AEAO zu § 169i.d.F. des amtlichen AO-Handbuchs 2003 ist daher überholt und wird demnächst neu gefasst.

 

2. Weitere Voraussetzungen für die Wahrung der Festsetzungsfrist

 

2.1 Erlass des Steuerbescheids durch das örtlich zuständige FA

Für die Wahrung der Festsetzungsfrist bleibt weiterhin bedeutsam, dass der Bescheid von dem örtlich zuständigen FA erlassen wird (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.2001, III R 13/00, BStBl 2002 II S. 406, nach dem ein materiell unrichtiger Steuerbescheid eines örtlich nicht zuständigen FA die Festsetzungsfrist nicht nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO wahrt, wenn der Bescheid dem Stpfl. erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist zugegangen ist; die Frage, ob der materiell richtige Bescheid eines örtlich unzuständigen FA die Festsetzungsfrist wahrt, ist bisher nicht entschieden. Insoweit soll entweder auf eine rechtzeitige Aktenabgabe oder eine formell korrekte Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO geachtet werden).

 

2.2 Beweisführung über rechtzeitige Absendung

In dem Urteil vom 28.9.2000, III R 43/97 (BStBl 2001 II S. 211) hat der BFH darüber hinaus entschieden, dass das FA Beweis darüber führen muss, dass der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist das zuständige FA lassen hat.

Im Zentralversand durch das Finanz-Rechenzentrum kann im Einzelfall nicht nachgewiesen werden, dass der fristwahrende Bescheid den „Bereich des Finanzamts” tatsächlich verlassen hat. Dies ist grundsätzlich verfahrensrechtlich unproblematisch, weil i.d.R. die ganz überwiegende Zahl der Postsendungen beim Empfänger ankommen und von diesem auch der Zugang nicht bestritten wird.

Es kann jedoch erforderlich sein, in Ausnahmefällen, in denen die Festsetzungsfrist demnächst abläuft und auf Grund weiterer Umstände ein besonderes Gewicht auf die Nachweismöglichkeit der rechtzeitigen Absendung gelegt werden muss, weil z.B. besondere Umstände des Einzelfalls die Behauptung eines Nichtzugangs durch den Stpfl./Berater vermuten lassen, die rechtzeitige Absendung durch die Finanzbehörde nachzuweisen. In diesen Fällen ist der Bescheid förmlich zuzustellen (Nr. 1).

In anderen Ausnahmefällen, in denen die Festsetzungsfrist demnächst abläuft und auf Grund weiterer Umstände ebenfalls ein besonderes Gewicht auf die Nachweismöglichkeiten der rechtzeitigen Absendung gelegt werden muss (z.B. Steuerbescheid mit hoher Steuerschuld), sollen Bescheide, die ab dem 1.10. des Jahres versandt werden, mit dessen Ablauf die Festsetzungsverjährung eintritt, vom Zentralversand ausgeschlossen werden (vgl. hierzu Vfg. vom 13.8.2001, O 2200 – 314/71 – S 114/StO 142, Abschn. 5.2). Bei Bescheiden, die früher versandt werden, ist dies nicht erforderlich, weil davon ausgegangen werden kann, dass eine rechtzeitige Wiederholung der Bekanntgabe im Fall des Bestreitens des Zugangs des Bescheids möglich ist.

Bei Bescheiden, die nicht im zentralen Versand verschickt werden, lässt der BFH einen Aktenvermerk der veranlagenden Stelle über die Aufgabe zur Post nicht genügen, sondern fordert einen Absendevermerk der Poststelle. Der Absendevermerk durch einen Bediensteten des Festsetzungsbereichs ist nach Auffassung des BFH nicht ausreichend, da der Bescheid auf dem Weg vom Festsetzungsbereich zur Poststelle verloren gehen könnte.

Zu diesem Zweck ist die StarOffice-Vorlage „Absendervermerk_Poststelle” eingestellt (unter Abgabenordnung_OFD). Diese soll grundsätzlich nur verwendet werden, wenn das FA die Steuerbescheide selbst versendet und der Eintritt der Festsetzungsverjährung in Kürze bevorsteht (s. o.).

Der Absendevermerk ist im Bedarfsfall von der Veranlagungsstelle durch Abarbeitung der Vorlage zu erstellen un...

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