Rz. 18

Dieser Grundsatz fordert, dass zunächst die Verhältnisse des Tages der rechtlichen Erstverbuchung eines Geschäftsvorfalles und, soweit Gegenstände in der Bilanz auszuweisen sind, des Bilanzstichtages für die Währungsumrechnung maßgebend sind.

 

Rz. 19

Bei der Bestimmung des für die Umrechnung rechtlich maßgeblichen Tages der Erstverbuchung ist auf den Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht (unmittelbarer oder mittelbarer Besitz) abzustellen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH[1] der Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums, also der Zeitpunkt, ab dem der Erwerber vereinbarungsgemäß wirtschaftlich über das Wirtschaftsgut verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Lasten und Nutzen auf den Erwerber übergehen:

"Denn maßgebend für eine Zurechnung aufgrund wirtschaftlichen Eigentums ist vor allem, dass Substanz und Ertrag (...) wirtschaftlich dem Nutzungsberechtigten zustehen. Solange Nutzen, Lasten und die Gefahr des zufälligen Untergangs noch nicht auf den Erwerber übergegangen sind, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.[2]"

 

Rz. 20

Von besonderer Bedeutung für die Währungsumrechnung sind jene Fälle, in denen der Gefahrenübergang, insbesondere der Übergang der Preisgefahr, und der Zeitpunkt, in dem der Erwerber die tatsächliche Sachherrschaft erlangt, auseinander fallen und zwischenzeitlich Änderungen der Währungsparitäten aufgetreten sind. Dies kann durch einzelvertragliche Regelungen oder durch Vereinbarung bestimmter Incoterms erfolgen. International Commercial Terms (Incoterms) sind internationale Handelsklauseln, die die Art und Weise der Lieferung, die Transportkostentragung und den Gefahrenübergang (Übergang der Preisgefahr) regeln. Beispiele sind EXW (ex works): ab Werk; FOB (free on board): ab tatsächlichem Überschreiten der Reling Seeschiff im Verschiffungshafen oder DEQ (delivered ex Quay Duty Paid): ab Zurverfügungstellung am Kai Bestimmungshafen, verzollt.

Ebenfalls ist dies im internationalen Seeverkehr denkbar. Hier wird, unabhängig vom vereinbarten Zeitpunkt des Gefahrenübergangs, regelmäßig zwischen dem Verfrachter (Reeder) und dem Befrachter (Lieferant oder beauftragter Ablader) ein Seeladeschein (Konnossement) als Nachweis über den abgeschlossenen Seefrachtvertrag und den Empfang des Transportgutes durch die Reederei abgeschlossen, der als Traditionspapier (§§ 520 ff. HGB) die Wirkung hat, dass für den Erwerb von Rechten an dem Gut seine Übergabe an den dort als legitimiert ausgewiesenen Empfänger des Transportgutes der Übergabe des Gutes selbst gleichsteht. Nach § 520 Abs. 1 HGB steht nach Ausstellung eines Konnossements das Verfügungsrecht über das Gut nach den §§ 491, 492 HGB ausschließlich dem legitimierten Besitzer des Konnossements zu.

Da mithin der Konossementsinhaber die entscheidende Dispositionsbefugnis über das Transportgut hat, hängt die Währungsumrechnung weder von den Kursverhältnissen im Zeitpunkt des vereinbarten Gefahrenübergangs noch von jenen der tatsächlichen Übergabe des Transportgutes, sondern vom Zeitpunkt ab, in dem der Empfänger im Besitz der Konossemente ist. Erst in diesem Zeitpunkt ist das Wirtschaftsgut dem Vermögen des Kaufmanns zuzurechnen.[3]

Allerdings ist davon auszugehen, dass angesichts der digitalen Übertragbarkeit der Dokumente Zeitdifferenzen praktisch kaum noch eine Rolle spielen.

 

Rz. 21

Das in § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB enthaltene Stichtagsprinzip verlangt, dass bei der Bewertung die Kursverhältnisse des Bilanzstichtages zugrunde zu legen sind. Dem entspricht § 256a HGB. Allein der Stichtagskurs (nach § 256a HGB der "Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag") ist für die Bewertung jener Vermögensgegenstände heranzuziehen, die sich im Ausland – etwa in einer Auslandsbetriebsstätte – befinden, in Fremdwährung beschafft wurden und in Fremdwährung wiederbeschafft werden müssen bzw. einer Verwertung im Ausland zugeführt werden sollen.

 

Rz. 22

Umrechnungsrelevante Währungsverhältnisse, die zum Bilanzierungszeitpunkt bereits vorherrschten, aber erst nach dem Bilanzstichtag bekannt wurden, sind als wertaufhellende Tatsachen bei der Bilanzierung zu berücksichtigen. Gleiches gilt, wenn am Stichtag eine Wechselkursänderung aufgrund besonderer nachprüfbarer Gegebenheiten, etwa bereits gefasster währungspolitischer Entscheidungen, die dann nach dem Bilanzstichtag vollzogen werden, ernstlich zu erwarten war.[4] Allerdings sind Kursänderungen nach dem Bilanzstichtag unter Beachtung dieses Stichtagsprinzips für die Umrechnung grundsätzlich irrelevant, da sie wertbeeinflussende Tatsachen darstellen, die bei der Bilanzierung noch nicht berücksichtigungsfähig sind.[5]

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