Kommentar

Nachdem sich der EuGH und nachfolgend der BFH mit einem speziellen Thema zur Frage der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG auseinandergesetzt hatten, nimmt nun auch die Finanzverwaltung zu der Frage Stellung, wie sich eine Änderung der Verhältnisse auf die Vorsteuerberichtigung auswirkt, wenn der Unternehmer eine von mehreren (steuerlich unterschiedlich zu beurteilenden) Tätigkeiten aufgegeben hat.

Die rechtliche Problematik

Hat ein Unternehmer nach § 15 UStG beim Leistungsbezug aufgrund der geplanten Verwendung den Vorsteuerabzug ganz, teilweise oder gar nicht vorgenommen, kann in der Folgezeit bei einer Änderung der Verhältnisse eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG notwendig werden. Der Umfang der Vorsteuerberichtigung richtet sich dabei nach der tatsächlichen Nutzung.

Strittig war ein besonderer Sachverhalt, bei dem ein Wirtschaftsgut (hier eine Cafeteria) sowohl für steuerbare, steuerpflichtige Restaurantdienstleistungen verwendet wurde, als auch für steuerfreie[1], den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke eines Alten- und Pflegeheims. Nach Errichtung und einer durchgeführten Prüfung war im Rahmen einer Verständigung eine Nutzung der Cafeteria zu 10 % für die den Vorsteuerabzug ausschließenden Zwecke des Alten- und Pflegeheims festgestellt worden. Innerhalb des Berichtigungszeitraums[2] wurde dann der Betrieb der Cafeteria gegenüber Dritten (Restaurationsdienstleistungen) eingestellt. Da der Unternehmer nunmehr nur noch steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze ausführte, wollte das Finanzamt eine Vorsteuerberichtigung in vollem Umfang zulasten des Unternehmers. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass ab der Einstellung der Tätigkeit eine Berichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen sei, da nunmehr keine Nutzung für Umsätze mit Recht auf Vorsteuerabzug mehr vorliege. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz[3] ging von einer Betriebseinstellung aus, die zwingend eine Vorsteuerberichtigung nach sich ziehe.

Im Revisionsverfahren rief der BFH[4] den EuGH an. Der EuGH[5] entschied, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Unternehmer zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er jeglichen besteuerten Umsatz in den Räumlichkeiten dieser Cafeteria eingestellt hat, sofern er weiterhin steuerbefreite Umsätze in diesen Räumlichkeiten getätigt und diese somit nunmehr ausschließlich für diese Umsätze genutzt hat.

Wichtig

In der Folge hatte der BFH[6] entschieden, dass in den Fällen, in denen bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze entfällt, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen kann. Demgegenüber bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 15a.2 Abs. 8 UStAE.

Die Finanzverwaltung nimmt jetzt die Urteile von EuGH und BFH auf und ergänzt die Verwaltungsanweisungen. Grundsätzlich bleibt es dabei: Wird nach einer ursprünglich gemischten Verwendung nach § 15 Abs. 4 UStG eine Tätigkeit aufgegeben und das Wirtschaftsgut anschließend ausschließlich für Zwecke der beibehaltenen Tätigkeit (entweder vorsteuerabzugsberechtigend oder nicht vorsteuerabzugsberechtigend) genutzt, ist grundsätzlich von einer Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG auszugehen.

Wichtig

Nur in Ausnahmefällen – unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls – ist zu prüfen, ob im Anschluss an die Aufgabe eines Teils der wirtschaftlichen Betätigung ausnahmsweise eine nur punktuelle Verwendung des betroffenen Wirtschaftsguts im Rahmen der beibehaltenen Tätigkeit vorliegt. Soweit im Rahmen der aufgegebenen Nutzung eine Nichtnutzung (z. B. ein Leerstand) ohne Verwendungsabsicht vorliegt, ergibt sich keine Verwendungsänderung und damit auch keine Änderung der Verhältnisse, sodass keine Berichtigung nach § 15a UStG in Betracht kommt.

Konsequenzen für die Praxis

Die Grundsätze zur Vorsteuerberichtigung werden um einen weiteren (Sonder-)Fall ergänzt. Im Zusammenhang mit dem Sachverhalt zeigt sich aber wieder einmal, dass eine nachvollziehbare Dokumentation einer tatsächlichen oder geplanten Nutzung unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Umsetzung des Umsatzsteuerrechts ist.

Der BFH hatte den konkreten Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das zuständige Finanzgericht zurückverwiesen. In diesem Fall sind zwei unterschiedliche Konsequenzen denkbar:

  1. Wenn die Cafeteria nach Einstellung des Fremdbetriebs (steuerpflichtige Restaurationsdienstleistungen gegenüber Dritten) weiterhin im gleichen Umfang (z. B. für einzelne Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, besondere Veranstaltungen) für die Zwecke des Alten- und Pflegeheims genutzt wird, aber ansonsten nicht genutzt wird (tatsächli...

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