Leitsatz

Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, Art. 173 Abs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Die Klägerin nutzt eine Sporthalle mit Sportplan für ihre steuerfreie Unterrichtstätigkeit und zur steuerpflichtigen Vermietung an Dritte (Vereine). Sie ging von einer steuerpflichtigen Verwendung von 77,34 % aus. Diesen Anteil berechnete sie, indem sie einen täglichen Zeitraum von 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr in eine vorsteuerschädliche Nutzung durch die Schule von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr in den Schulzeiten und die gesamte verbleibende Zeit (15:00 Uhr bis 22:00 Uhr in der Schulzeit und 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr an Wochenenden und in den Ferienzeiten) für die Vermietung aufteilte. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens erzielten die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung dahin gehend, dass eine Vermietung in den Ferienzeiten und an Feiertagen je zur Hälfte stattgefunden habe. Die verbleibende Klage, mit der die Klägerin eine Erhöhung des Vorsteuerabzugs von 55 % auf 76 % begehrte, wies das FG ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.4.2016, 7 K 7160/13, Haufe-Index 9471834, EFG 2016, 1032).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Klageabweisung durch das FG. Das FG sei bei der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG zutreffend von einer zeitanteiligen Aufteilung der (steuerfreien) Verwendung für eigene Schulzwecke sowie der (steuerpflichtigen) Nutzung durch Überlassung der Halle und des Sportplatzes an Vereine ausgegangen. Die Schätzung sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

1.§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG schreibt eine Vorsteueraufteilung nach wirtschaftlicher Zurechnung vor. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine umsatzbezogene Vorsteueraufteilung nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Der BFH geht hierzu davon aus, dass eine umsatzbezogene Vorsteueraufteilung nur zulässig ist, wenn keine andere – präzisere – wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

2. Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken führt die Vorsteueraufteilung nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung. In den unterschiedlichen Nutzungszeiten drückt sich die Zuordnung des Gebäudes zu den mit ihm ausgeführten Umsätzen aus. Dies führt zu sachgerechteren Ergebnissen als der Umsatzschlüssel. Eine Vorsteueraufteilung nach einem Flächenschlüssel scheitert daran, dass keine getrennte Nutzung verschiedener Funktionsbereiche eines Gebäudes vorliegt.

3. Im Rahmen der wirtschaftlichen Zurechnung nach Zeitanteilen kommt es auf die tatsächlichen Nutzungszeiten an. Die Berücksichtigung von Leerstandszeiten lehnt der BFH ab. Diese kann nur in Betracht kommen, wenn insbesondere Nutzungszeitaufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum vorliegen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.4.2018 – V R 23/16

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