Kommentar

Wird ein Grundstück sowohl für den Vorsteuerabzug berechtigende als auch den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke verwendet, müssen die mit dem Objekt in Zusammenhang stehenden Ausgaben den einzelnen Verwendungszwecken zugeordnet werden oder nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab aufgeteilt werden. In mehr als 20 Jahren wurde um die zutreffende systematische Lösung dieses in der Praxis häufig vorkommenden Sachverhalts und dem sich daraus ergebenden zutreffenden Aufteilungsmaßstab gerungen. Nachdem die wesentlichen Entscheidungen 2016 von EuGH und BFH getroffen wurden, hat nun die Finanzverwaltung im Jahr 2022 diese Grundsätze umgesetzt und den Anwendungserlass angepasst.

Die rechtliche Problematik

Die Vorsteuerabzugsberechtigung für einen Unternehmer ergibt sich anhand der zu dem jeweiligen Leistungszeitpunkt bestehenden Verwendungsabsicht. Werden bezogene Leistungen nicht ausschließlich für den Vorsteuerabzug berechtigende oder den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke verwendet, muss geprüft werden, ob eine unmittelbare Zurechnung zu bestimmten Ausgangsumsätzen möglich ist und – soweit dies nicht zulässig sein sollte – wie eine evtl. notwendige Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorzunehmen ist. Ein in der Praxis häufig auftretender Sachverhalt ist die Vorsteueraufteilung bei sowohl für vorsteuerabzugsberechtigende als auch für nicht vorsteuerabzugsberechtigende Zwecke genutzte Grundstücke.

Wichtig

Die Regelung der Vorsteueraufteilung enthielt ursprünglich nur den Hinweis, dass der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar ist, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.[1] Allerdings konnte eine Aufteilung auch im Rahmen einer sachgerechten Schätzung vorgenommen werden.[2]

Umstritten war, in welchem Verhältnis die Vorsteuer aus der gemischten Nutzung von Immobilien aufzuteilen ist. Gegen den Widerstand der Finanzverwaltung hatte sich in der ständigen Rechtsprechung des BFH[3] herausgebildet, dass die Aufteilung im Verhältnis der Ausgangsumsätze bei gemischt genutzten Immobilien eine zulässige Methode ist.

Wichtig

Die Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel (Verhältnis der den Vorsteuerabzug zulassenden Umsätze zu den den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätze) wird in aller Regel für den Unternehmer zu einem günstigeren Ergebnis führen als die Aufteilung nach einem Flächenschlüssel (Verhältnis der für vorsteuerabzugsberechtigende Zwecke verwendeten Flächen zu den für nicht vorsteuerabzugsberechtigende Zwecke genutzten Flächen).

Mit Wirkung zum 1.1.2004 wurde dann jedoch durch Einfügen der Beschränkung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ein gesetzliches Verbot der Aufteilung des Vorsteuerbetrags im Verhältnis der Ausgangsumsätze umgesetzt, wenn es einen anderen wirtschaftlichen Aufteilungsmaßstab gibt. Damit war im Ergebnis ein Verbot des Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Immobilien erreicht, da das Verhältnis der (Miet-)Flächen immer ermittelbar ist.

Nachdem das Niedersächsische FG[4] diese gesetzliche Vorgabe als nicht mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen hatte, da nach dem Unionsrecht für die Aufteilung ein auf die Gesamtheit der von dem Unternehmer bewirkten Umsätze bezogener Umsatzschlüssel[5] anzuwenden sei, hatte der BFH[6] das Verfahren dem EuGH vorgelegt. Der EuGH[7] hat dazu entschieden, dass die Mitgliedstaaten einen vom Umsatzschlüssel abweichenden Vorsteueraufteilungsmaßstab vorschreiben können, dies aber voraussetzt, dass dieser vorgeschriebene Aufteilungsmaßstab eine präzisere Bestimmung des Aufteilungsmaßstabs gewährleistet. Ob die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG dies gewährleistet, wurde der Folgeentscheidung des BFH überlassen. Der BFH[8] hatte daraufhin – trotz grundsätzlicher Bedenken – entschieden, dass § 15 Abs. 4 UStG insoweit mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wie die dort vorgesehene Aufteilung von Vorsteuerbeträgen (also faktisch der Flächenschlüssel) für nach § 15a UStG berichtigungspflichtige Vorsteuerbeträge gilt. Der Ausschluss des Umsatzschlüssels durch den Flächenschlüssel nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG würde nicht gegen das Unionsrecht verstoßen, da ein objektbezogener Flächenschlüssel eine präzisere Bestimmung des Aufteilungssatzes ermöglicht als der auf die Gesamtumsätze des Unternehmens bezogene Umsatzschlüssel. Der BFH[9] hat allerdings kurze Zeit später seine Rechtsprechung relativiert und nachfolgend ausdrücklich bestätigt. Die Vorsteuerbeträge können dann nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufgeteilt werden, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten (z. B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist.

Wichtig

Es können aber auch noch weitere Aufteilungsmaßstäbe zu einer sachgerechten Aufteilung führen und dann "präziser" sein als ein Flächenschlüssel. So hat der BFH[10] im Fall einer ...

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