Leitsatz

Eine Aufteilung der Vorsteuer im Verhältnis der im Zeitpunkt des Leistungsbezugs kalkulierten Ausgangsumsätze des Unternehmers stellt eine sachgerechte Schätzung dar (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Erhaltene Zahlungen für die gezielte Ansiedlung eines bestimmten Unternehmens sind beim Umsatzschlüssel zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Inhaberin eines Wohn- und Geschäftshauses. Das Gebäude wurde um einen zweigeschossigen Anbau erweitert. Das Erdgeschoss wurde fortan umsatzsteuerfrei an Ärzte vermietet, das Obergeschoss umsatzsteuerpflichtig an ein Ingenieurbüro. Außerdem zahlte eine benachbarte Apotheke Geld dafür, dass die Klägerin eine Arztpraxis in ihren Räumlichkeiten ansiedelt. Nach den vorliegenden Rechnungen über die Herstellungskosten des Anbaus ließ sich nicht feststellen, dass einzelne Gewerke ausschließlich das Erd- oder Obergeschoss betrafen. Der grundsätzlichen Anwendung eines Umsatzschlüssels bei der Vorsteueraufteilung hat das Finanzamt zunächst widersprochen. Im weiteren Verfahren wurde der Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel allerdings zugestimmt. Streitig war nur noch, ob die umsatzsteuerpflichtigen Zahlungen des Apothekers für die Ansiedlung der Ärzte bei der Berechnung des Umsatzschlüssels zu berücksichtigen sind.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel bestätigt. Die vom Apotheker geleisteten Zahlungen waren (zu Gunsten der Klägerin) in den Aufteilungsschlüssel einzubeziehen. Die Einrichtung einer Arztpraxis gegen Entgelt in der Nähe der Apotheke stellt eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Diese ist nicht gemäß § 4 Nr. 12a UStG steuerbefreit, weil Vertragsgegenstand nicht die Überlassung eines Grundstücks an den Vertragspartner, sondern die Ansiedlung einer Arztpraxis ist. Bei wirtschaftlicher Betrachtung handelt es sich dabei um einen Umsatz, der letztlich mit der Gewerbe- bzw. Grundstücksfläche der Klägerin erzielt wurde.

 

Hinweis

Mit der Einführung von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2003 hat sich die nationale Rechtlage geändert. Eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel ist danach nur noch dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Bei Grundstücken stellt allerdings die Aufteilung nach Nutzflächen nach Ansicht der Finanzverwaltung den Regelaufteilungsmaßstab dar (vgl. Abschn. 208 Abs. 2 Satz 15 UStR). Die Gesetzesänderung zum 1.1.2004 steht jedoch nicht im Einklang mit der zuvor ergangenen BFH-Rechtsprechung, die grundsätzlich eine Aufteilung nach Umsatzschlüssel (oder Fläche) für möglich hält. Außerdem bestehen gemeinschaftsrechtliche Zweifel an der Gesetzesänderung. Unabhängig davon ist zu beachten, dass nach aktueller Ansicht des BFH bei der Vorsteueraufteilung bei Gebäuden streng zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten zu unterscheiden ist. Erhaltungsaufwendungen sollen direkt dem Gebäudeteil zugeordnet werden, durch den sie veranlasst wurden (vgl. zuletzt BFH, Urteil v. 22.11.2007, V R 43/06). Die Finanzverwaltung folgt dem bislang nicht.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.10.2007, 16 K 69/06

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