Leitsatz

Die erforderliche zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung ist erfüllt, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen erfolgt. Dabei sind die gemäß Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO verlängerten Abgabefristen zu beachten.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Jahr 2019 eine Photovoltaikanlage erworben und mit einem Stromanbieter einen Einspeisungsvertrag abgeschlossen. Auf dem in diesem Zusammenhang ausgefüllten Kundendaten- und Inbetriebnahmeblatt wurde unter "Angaben zu der vom Anlagenbetreiber zu zahlenden Umsatzsteuer" angekreuzt, dass die Einspeisevergütung des Klägers ohne Umsatzsteuer ausgezahlt werden solle. Dementsprechend wurden dem Kläger ausweislich einer vorliegenden Abrechnung für den Zeitraum vom 16.4.2019 bis zum 31.12.2019 für den gelieferten Strom Abschlagszahlungen ohne Umsatzsteuer berechnet. In dieser Zeit hatte er 15,423 kW erzeugt und hiervon rund 2/3 in das Netz eingespeist. Umsatzsteuervoranmeldungen gab er für das Jahr 2019 nicht ab. Am 11.3.2021 reichte der steuerlich beratene Kläger betreffend der Photovoltaikanlage eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2019 ein. Hierin machte er die Vorsteuer aus dem Erwerb der Anlage geltend und erklärte steuerpflichtige Umsätze. Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug unberücksichtigt, da die Entscheidung über die Zuordnung der Photovoltaikanlage zum Unternehmensvermögen des Klägers nicht rechtzeitig getroffen wurde. Diese hätte nach Abschn. 15.2c Abs. 16 Sätze 3-6 UStAE spätestens bis zum 31.7. des Folgejahres (gesetzliche Regelabgabefrist) getroffen werden müssen. Fristverlängerungen für die Abgabe von Steuererklärungen hätten darauf keinen Einfluss.

 

Entscheidung

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts hat das Finanzamt zu Unrecht angenommen, dass eine zeitnahe Dokumentation der Entscheidung des Klägers, die Photovoltaikanlage seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen, nicht vorliegt. Die für das Streitjahr geltende Gesetzesfassung für beratene Steuerpflichtige sieht gemäß § 149 Abs. 3 Nr. 4 AO vor, dass die Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind. Für den Besteuerungszeitraum 2019 ist § 149 Abs. 3 AO allerdings gemäß Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar 2021 der 31.8.2021 tritt. Danach hat der Kläger seine Zuordnungsentscheidung mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2019 am 11.3.2021 zeitnah dokumentiert. Die für beratene Steuerpflichtige maßgebende Abgabefrist ist nach Ansicht des Finanzgerichts auch für die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung maßgebend.

 

Hinweis

Das Finanzgericht widerspricht der in Abschn. 15c Abs. 16 Satz 5 niedergelegten Verwaltungsauffassung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nur dann rechtzeitig, wenn sie bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist für Steuererklärungen (31.7. des Folgejahres, § 149 Abs. 2 Satz 1 AO) vorliegt; Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen sollen darauf keinen Einfluss haben. Die Finanzverwaltung bezieht sich auf die BFH-Urteile BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 42/09 und BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 21/10. Das Finanzgericht verweist hingegen auf die neuere EuGH-Rechtsprechung (vgl. EuGH, Urteil v. 14.10.2021, C-45/20 und EuGH, Urteil v. 14.10.2021, C-46/20. Danach habe der EuGH entschieden, dass eine Ausschlussfrist, deren Ablauf den nicht hinreichend sorgfältigen Steuerpflichtigen, der den Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht hat, mit dem Verlust des Abzugsrechts bestraft, nicht mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie unvereinbar ist. Da der Kläger seine Umsatzsteuererklärung innerhalb der gesetzlichen Erklärungsfrist eingereicht und dadurch seine Zuordnungsentscheidung dokumentiert habe, handele es sich bei ihm aber gerade nicht um einen "nicht hinreichend sorgfältigen Steuerpflichtigen", sondern um einen solchen, der die für ihn maßgebende Erklärungsfrist beachtet hat. Für diese Auffassung spreche auch das BFH-Urteil BFH, Urteil v. 4.5.2022, XI R 29/21. Dort hat der BFH ausgeführt, dass es keiner Entscheidung bedürfe, ob aus Gründen der Gleichbehandlung bei allen Steuerpflichtigen die Zuordnungsfrist erst zu dem in § 149 Abs. 3 AO genannten Zeitpunkt ablaufe. Dies lässt nach Ansicht des Finanzgerichts den Rückschluss zu, dass der BFH davon ausgeht, dass jedenfalls für die steuerlich beratenen Steuerpflichtigen ein Gleichlauf von Dokumentationsfrist und gesetzlicher Steuererklärungsfrist bestehe.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil v. 07.11.2023, 8 K 2418/22

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