Leitsatz

1. Schließt ein Unternehmer mit einem anderen Unternehmer einen Kaufvertrag über den Bezug von Werbegeschenken, ist der Unternehmer auch dann Abnehmer (Leistungsempfänger), wenn der andere die Werbegeschenke vereinbarungsgemäß nicht unmittelbar an den Unternehmer, sondern an den Inhaber eines "Warenzertifikats" (Warengutscheins) als Beauftragten des Unternehmers übergibt und hierauf auf dem Gutschein ausdrücklich hingewiesen wurde. Eine derartige Gestaltung ist nicht rechtsmissbräuchlich.

2. Der Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Lieferungen, auf die eine Anzahlung geleistet wurde, setzt voraus, dass die Gegenstände der Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1, § 3 Abs. 1b Nrn. 2 und 3, § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 14 Abs. 1 Satz 5, § 15 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1999, Art. 5 Abs. 1, Art. 5 Abs. 6 Satz 2, Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2, Art. 17 Abs. 1 und 2 der 6. EG-RL, § 42 AO 1977

 

Sachverhalt

Die Klägerin (RN) erwarb bei E "Geschenkgutscheine"; aufgrund des Rahmenvertrags konnte der Inhaber des von RN ausgegebenen Gutscheins Waren aus dem Sortiment der E für Rechnung der RN bis zum Gutscheinbetrag auswählen und erwerben. Der Geschenkgutschein enthielt den Hinweis, er berechtige, bei E aus dem vorhandenen Sortiment Waren bis zum angegebenen Gesamtwert für Rechnung des RN auszusuchen. E wies auf den "Kassenzetteln" keine USt aus, sondern erteilte der Klägerin (RN) zunächst (1999) eine Rechnung über die Gutscheine, dann (2003) eine Schlussrechnung über die im Jahr 1999 aufgrund der Gutscheine gelieferten Parfümartikel.

Das FA ließ die Vorsteuer aus der Rechnung über die Gutscheine (1999) mangels "Lieferung" nicht zum Abzug zu. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision hatte im Streitjahr keinen Erfolg, weil es noch an der Lieferung der Waren fehlte. Als Rechnung über eine Anzahlung war die Rechnung über die "Gutscheine" nicht ausreichend, denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Gegenstände der Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind. Das ist nicht der Fall, wenn erst zu einem späteren Zeitpunkt der Gegenstand der Lieferung konkretisiert wird.

Aus dem Urteil ergibt sich aber, dass der Klägerin im Jahr 2003 der Vorsteuerabzug zusteht. Kein Erfolg war dem Einwand des FA beschieden, es komme aufgrund der Gestaltung zu einem umsatzsteuerrechtlich unerwünschten "unversteuerten Endverbrauch". Denn dieser beruht – sofern er überhaupt eintritt – nicht auf dem Recht der Klägerin auf Vorsteuerabzug aus den Eingangsumsätzen, sondern ist die Folge der bewussten Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers, bestimmte Entnahmen nicht zu besteuern (Art. 5 Abs. 6 Satz 2 der 6. EG-RL, § 3 Abs. 1b Nrn. 2 und 3 UStG 1999). Dies zu nutzen ist kein Missbrauch.

Der BFH teilte nicht die Auffassung des FG, in den Fällen, in denen Ware erworben wurde, deren Wert den Gutscheinbetrag überstieg, könne die Verfügungsmacht nur dem Gutscheininhaber selbst verschafft worden sein. Die Rechtsprechung des EuGH bestätigt, dass mehr als eine Person das Recht innehaben kann, über einen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 15.12.2005, Rs. C-63/04, Centralan, BFH-PR 2006, 158). So lag es in diesen Fällen: E handelte insoweit anteilig im Namen der Klägerin.

 

Hinweis

Die Verkaufsförderungsaktionen sind vielfältig, und deren Bezeichnung sollte nicht dazu verlocken, die Frage nach dem Inhalt der versprochenen Leistung unter Hinweis auf die EuGH-Entscheidungen zu Aktionen wie Preisnachlass- und Erstattungsgutscheine zu vernebeln.

1. Die Besprechungsentscheidung betraf "Geschenkgutscheine", die ein Unternehmer (RN) von einem anderen Unternehmer (E) "erworben" hatte; der Inhaber des Gutscheins konnte aus dem Sortiment der E für Rechnung der RN bis zum Gutscheinwert Waren auswählen und erwerben. Basis hierfür war ein Rahmenvertrag zwischen E und RN.

a) Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Ob ein Leistungsbezug dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen beim Bezug einer Leistung aufgetreten ist. (Nur) wenn unter Missachtung des Anspruchs des Vertragspartners eine Leistung tatsächlich gegenüber einem Dritten erbracht wird, so ist Leistungsempfänger der Dritte.

b) Zu prüfen ist deshalb – wie stets – zunächst, wer aufgrund welcher Rechtsbeziehung von wem eine Leistung/Lieferung erhält.

Im Besprechungsfall bestand eine Rahmenvereinbarung, aufgrund derer der Gutscheininhaber für Rechnung der RN bis zu dem angegebenen Wert Waren bei E einkaufen konnte. Danach hatte RN (die Klägerin) im eigenen Namen und für eigene Rechnung bereits Kaufverträge abgeschlossen, bevor ein Gutscheininhaber ein Ladengeschäft der E betrat. Lediglich die Auswahl war dem Gutscheininhaber (zivilrechtlich Vertreter bei der Abgabe der...

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