Der Betrag einer Niederstwertabschreibung ergibt sich als Differenz zwischen dem vom Beschaffungs- oder Absatzmarkt abgeleiteten beizulegenden Wert (Wiederbeschaffungskosten, Wiederherstellungskosten oder Verkaufswert) und dem höheren Buchwert eines Vorratsguts (vgl. Tab. 2).

Die Wiederbeschaffungskosten sind analog zu den Anschaffungskosten nach den jeweils geltenden Verhältnissen auf den Beschaffungsmärkten des Unternehmens zu bestimmen. Die Wiederherstellungskosten ermitteln sich analog zu den Herstellungskosten unter identischer Abgrenzung auf Basis der aktuellen Kosten- und Mengenrelationen am Abschlussstichtag. Die Ausübung von Bewertungswahlrechten bei der Bestimmung der Herstellungskosten im Zugangszeitpunkt spiegelt sich in den Wiederherstellungskosten wider.[1] Einer eingeschränkten Verwendbarkeit der zu bewertenden Vorratsgüter ist durch angemessene Gängigkeitsabschläge Rechnung zu tragen. Dies geschieht in der Praxis vielfach außerhalb der dargestellten Bewertungsschemata in pauschaler Form.

 
Beschaffungsorientierte Bewertung Absatzorientierte Bewertung
Bewertungsmaßstab Wiederbeschaffungskosten Bewertungsmaßstab Wiederherstellungskosten Bewertungsmaßstab Verkaufswert
Wiederbeschaffungspreis Wiederherstellungseinzelkosten voraussichtlicher Einzelveräußerungspreis (ohne USt)
+ Wiederbeschaffungsnebenkosten + angemessene Teile der Wiederherstellungsgemeinkosten
kalkulierte Erlösschmälerungen
Wiederbeschaffungspreisminderungen
(- Gängigkeitsabschläge) Verpackungskosten und Aus-gangsfrachten
(- Gängigkeitsabschläge) noch anfallende allgemeine Vertriebskosten
noch anfallende anteilige Verwaltungskosten (strittig)
noch anfallende Herstellungskosten bei unfertigen Erzeugnissen
Kapitaldienstkosten bei längerer Lagerung (Zinsverlust)
(- Gängigkeitsabschläge)
= beizulegender Wert

Buchwert > beizulegender Wert

→ Abschreibung auf den beizulegenden Wert

Buchwert ≤ beizulegender Wert

→ keine bilanzielle Verlusterfassung

Tab. 2: Absatz- und beschaffungsorientierte Verlustermittlung

Der vom Absatzmarkt abzuleitende Verkaufswert eines Vorratsguts ist mittels verlustfreier Bewertung zu bestimmen. Dazu sind vom erwarteten Einzelveräußerungspreis alle bis zur Veräußerung voraussichtlich noch anfallenden, den Stichtagswert des Vermögensgegenstands mindernden Kosten abzuziehen.[2]

Der mutmaßliche Veräußerungserlös ist vorsichtig aus der Perspektive des Abschlussstichtags unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und Verwendbarkeit des Vorratsguts zu schätzen. Bis zur Aufstellung des Abschlusses gewonnene bessere Erkenntnisse sind zu berücksichtigen, soweit sie am Bewertungsstichtag vorhersehbar waren. Wird das Vorratsgut über unterschiedliche Vertriebskanäle, z. B. Hauptkatalog, Sonderangebote über Flyer, Aufkäufer, oder auf verschiedenen Märkten angeboten, können für die einzelnen Teilbestände Veräußerungserlöse in unterschiedlicher Höhe zugrunde zu legen sein.[3] Absehbare längerfristige Kaufpreisstundungen erfordern eine Abzinsung des zu erwartenden Gegenwerts.

Als Erlösschmälerungen abzuziehen sind alle Arten von Preisnachlässen, die der Bilanzierende voraussichtlich gewähren wird, z. B. Skonti, Rabatte, Sondernachlässe wegen Minderqualität.

Den geschätzten Veräußerungserlös kürzen ferner alle im Zuge des Verkaufs noch anfallenden Kosten. Maßgeblich sind dabei die Vollkosten nach den Preis- und Kostenverhältnissen bei Anfall der Aufwendungen.[4] Hierzu gehören auch Vertriebskosten, z. B. Provisionen, Lizenzgebühren, Lagerkosten, angemessene Gemeinkosten des Vertriebsbereichs, Montage- und Aufstellungskosten, und Verwaltungskosten,[5], [6] z. B. Abrechnungskosten. Die Ermittlung der Gemeinkostenzuschläge hat von einer Normalauslastung auszugehen. Bei unfertigen Erzeugnissen sind zudem die bis zur Fertigstellung noch aufzuwendenden Herstellungskosten abzuziehen. Soweit nicht mit einer kurzfristigen Veräußerung der Bestände zu rechnen ist, soll schließlich der aus der Kapitalbindung resultierende Zinsverlust den retrograd ermittelten beizulegenden Wert mindern. Gängigkeitsabschläge werden zusätzlich berücksichtigt, um wertmindernde Umstände zu erfassen, die dem Vorratsbestand insgesamt anhaften und seine Verwendbarkeit beeinträchtigen, z. B. mangelnde Gängigkeit infolge Veralterung, Existenz von günstigeren Substitutionsgütern oder geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen.[7] Die Höhe der erforderlichen Wertkorrekturen wird teilweise aus dem Zeitpunkt der letzten Lagerbewegung, teilweise aus der Lagerreichweite abgeleitet.[8]

Kalkulatorische Kosten dürfen bei der verlustfreien Bewertung keine Berücksichtigung finden. Das gilt – abweichend vom Steuerrecht[9] – auch für einen Unternehmergewinn.

Ermittelt sich bei Auftragsfertigungen ein negativer Verkaufswert (Erlöse < aktivierte Herstellungskosten plus noch anfallende Aufwendungen), ist das bilanzierte Vorratsgut auf null abzuschreiben und zusätzlich eine Drohverlustrückstellung für den über den Abschreibungsbetrag hinausgehenden Verlust zu bilden.[10]

 
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