Zusammenfassung

 
Überblick

Rechtsschutz im steuerlichen Verfahren heißt im Regelfall "Klage". Bis eine solche durch die Finanzgerichte bearbeitet ist, vergeht aber meist viel Zeit. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil das Einlegen eines Einspruchs oder die Erhebung einer Klage die Erhebung der Abgabe grundsätzlich nicht hindert (§ 361 Abs. 1 AO, § 69 Abs. 1 FGO). Insoweit besteht ein großes Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz durch die Institute der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung und der einstweiligen Anordnung

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Regelungen betreffend den einstweiligen Rechtschutz im finanzgerichtlichen Verfahren finden sich in § 69 FGO (betr. die Aussetzung der Vollziehung) und in § 114 FGO (betreffend die einstweilige Anordnung).

1 Vorbemerkung

Es kann zweckmäßig sein, mit einer Klage gleichzeitig auch die Aussetzung der Vollziehung oder eine einstweilige Anordnung zu beantragen, um frühzeitig die Meinung des Gerichts kennenzulernen und danach sein prozessuales Verhalten einzurichten, etwa die Klage zurückzunehmen oder weiter zu verfolgen.[1] Wenn auch im Aussetzungs- oder Anordnungsverfahren aufgrund summarischer Prüfung nur eine vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht erfolgt, die sich im Laufe des Hauptsacheverfahrens zweifellos ändern kann, erhält der Antragsteller doch verhältnismäßig rasch eine erste Einschätzung seiner Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren durch das Gericht.

Diese Entscheidung ist für ihn zudem kostengünstig, da im Falle des Misserfolgs für die Berechnung der Gerichtskosten grundsätzlich nur 10 v. H. des Streitwerts der Hauptsache angesetzt werden.[2]. Außerdem fallen in diesen Verfahren beim Finanzgericht nur 2,0 Gerichtsgebühren an (Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, Teil 6, Hauptabschnitt 2, Abschnitt 1), wogegen beim Klageverfahren vor dem Finanzgercht 4,0 Gebühren fällig werden .Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, Teil 6, Hauptabschnitt 2, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1).

Hat der Antrag vor Gericht Erfolg, besteht zudem die Chance, dass sich die Finanzbehörde von der gerichtlichen Entscheidung überzeugen lässt und auch in der Hauptsache ihre Rechtsauffassung zugunsten des Klägers ändert. Sind die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache eher zweifelhaft, kann es sich für einen liquiden Steuerpflichtigen aber empfehlen, die festgesetzte Steuer zunächst zu zahlen; eine Anerkennung des streitigen Anspruchs kann hierin nicht gesehen werden. Auf diese Weise wird vermieden, dass Aussetzungszinsen anfallen (§ 237 AO), die erst am Ende eines unter Umständen langjährigen Prozesses festgesetzt werden. Obsiegt der Steuerpflichtige hingegen, kann er unter bestimmten Voraussetzungen Prozesszinsen auf die Erstattungsbeträge erhalten (§ 236 AO). In beiden Fällen beträgt der Zinssatz für jeden Monat 0,5 v. H. des auf volle fünfzig Euro abgerundeten Steuerbetrags (§ 238 AO). Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen (§ 236 Abs. 4 AO).

[1] Vgl. auch Sauer/Schwarz, Handbuch des finanzgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl., Rz. 538 ff.

2 Qualität des Rechtsschutzes

Vorläufig ist der Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung und einstweilige Anordnung deshalb, weil in beiden Verfahren die endgültige Entscheidung des Gerichts im Hauptsacheverfahren nicht vorweggenommen werden darf.[1] Im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung und im Verfahren der einstweiligen Anordnung darf grundsätzlich also keine Entscheidung ergehen, die etwa für die Hauptsache endgültige Bindung erlangen könnte, z. B. dadurch, dass ein Sachverhalt geregelt wird und diese einmalige Regelung auf Dauer fortwirkt. Würde durch einen Aussetzungs- oder Anordnungsbeschluss eine solche endgültige Regelung automatisch herbeigeführt, weil sie z. B. durch Zeitablauf oder andere Umstände nicht mehr änderbar wäre, darf ein solcher Beschluss nicht ergehen.

Ein Beschluss im Aussetzungs- oder Anordnungsverfahren darf auch zeitlich nicht weiter reichen als bis zu dem Zeitpunkt, in dem die endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren Rechtswirkung erzeugt. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt, in dem die Rechtsmittelfrist gegen die Entscheidung in der Hauptsache abläuft.[2]

Wird einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom Finanzgericht entsprochen, ergeht der Beschluss deshalb im Allgemeinen mit Wirkung "... bis einen Monat nach Ergehen der Entscheidung im Verfahren der Hauptsache." Wird die Aussetzung der Vollziehung "bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens" ausgesprochen, kann dies nach den Umständen des Einzelfalls zu der Auslegung führen, dass die Aussetzung der Vollziehung auch für den Zeitraum eines nachfolgenden finanzgerichtlichen Klageverfahrens gilt.[3]

Allenfalls "bei besonderer Intensität zumindest des Anordnungsgrundes" darf einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch eine einstweilige Regelung vorgegriffen werden.[4] Dabei sind strenge Maßstäbe daran anzulegen, ob eine erhebliche Wahrscheinl...

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