OFD Nordrhein-Westfalen, 4.3.2015, Kurzinfo Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern 2/2015

Der BFH hat bereits mit Urteil vom 17.3.2004, II R 3/01 (BStBl 2004 II S. 429) entschieden, dass der vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht zwar den Tatbestand der freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, eine steuerliche Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts als Folge der Nichtberücksichtigung als Abzugsposten nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. einerseits und beim späteren Verzicht des Berechtigten andererseits bei der Besteuerung des Verzichts jedoch durch Abzug des bei der Besteuerung des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes unberücksichtigt gebliebenen Steuerwerts des Nutzungsrechts vom Steuerwert des Nutzungsrechts im Zeitpunkt des Rechtsverzichts zu beseitigen ist (vgl. H E 25 „Verzicht auf Nutzungsrechte in den Fällen des § 25 ErbStG a.F. bei Steuerentstehungszeitpunkten für die Vermögenszuwendung unter Nießbrauchsvorbehalt vor dem 1.1.2009” ErbStH 2011).

Unter Ausweitung seiner o.g. Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 20.5.2014, II R 7/13 (BStBl 2014 II S. 896) entschieden, dass die o.g. Rechtsgrundsätze ebenfalls anzuwenden sind, wenn das Nießbrauchsrecht bei der Besteuerung des Erwerbs des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes aufgrund der Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 6 ErbStG (teilweise) tatsächlich unberücksichtigt geblieben ist.

Ist ein (teilweise) steuerbefreiter Zuwendungsgegenstand mit einem Nutzungsrecht belastet, so wird dieses insoweit bei der Besteuerung des Erwerbs des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes gem. § 10 Abs. 6 ErbStG als nicht abzugsfähig behandelt.

Ein späterer unentgeltlicher Verzicht auf dieses Nutzungsrecht erfüllt den Tatbestand der freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Eine Doppelerfassung des Nutzungsrechts wird dergestalt vermieden, dass der Teil des Steuerwerts des Nutzungsrechts, welcher bei der Besteuerung des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstands gem. § 10 Abs. 6 ErbStG nicht zum Abzug zugelassen wurde, bei der Besteuerung des Erwerbs aus dem Rechtsverzicht vom Steuerwert des Nutzungsrechts im Zeitpunkt des Verzichts abgezogen wird.

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt beinhaltet eine Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG und die damit einhergehende Abzugsbeschränkung. Nachfolgend werden die o.a. Rechtsgrundsätze anhand eines gesonderten Beispiels mit einer Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG aufgezeigt.

Beispiel:

Vater V schenkte seinem Sohn im Jahr 2011 ein vermietetes Zweifamilienhaus mit einem Grundbesitzwert von 750.000 EUR unter Nießbrauchsvorbehalt. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt 20.000 EUR. Zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung ist V 65 Jahre alt.

Im Jahr 2013 verzichtet er unentgeltlich auf den Nießbrauch.

Zum Zeitpunkt der Ausführung dieser Zuwendung ist V 67 Jahre alt.

Der Grundbesitzwert und Jahreswert des Nießbrauchs sind unverändert und betragen 750.000 EUR bzw. 20.000 EUR.

Erwerb 2011  
Steuerwert ZFH 750.000 EUR
Befreiung § 13c (10 %) ./. 75.000 EUR
Gegenleistung (Nießbrauch)  
KapW Nießbrauch (§ 14 BewG):  
20.000 EUR × 11,251 ./. 225.020 EUR
davon nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG) + 22.502 EUR
Bereicherung 472.482 EUR
Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 72.400 EUR
Steuersatz 7 %  
Steuer 2011 5.068 EUR
   
Erwerb 2013  
Erwerb aus Nießbrauchsverzicht  
KapW Nießbrauch 2013 (§ 14 BewG):  
20.000 EUR × 10,754 215.080 EUR
nicht abzugsfähiger Teil des KapW Nießbrauch 2011 (s. o.) ./. 22.502 EUR
Bereicherung 2013 192.578 EUR
Vorerwerb 2011 + 472.482 EUR
Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 265.000 EUR
Steuersatz 11 %  
Steuer auf Gesamterwerb 29.150 EUR
Steuer auf Vorerwerb 2011 ./. 5.068 EUR
Steuer 2013 24.082 EUR

Die o.g. Rechtsgrundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

 

Normenkette

ErbStG § 25

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