Rz. 1441

Nach § 29 Abs. 1 GmbHG haben die Gesellschafter Anspruch auf entweder (i) den Jahresüberschuss zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr oder (ii) den Bilanzgewinn, wenn der Jahresabschluss unter Berücksichtigung der (teilweisen) Ergebnisverwendung aufgestellt oder Rücklagen aufgelöst wurden, (zur Frage des Bilanzgewinns siehe auch oben Rn. 1370). Soweit die Gesellschafter selbst den Jahresabschluss feststellen, hat diese Unterscheidung allenfalls Relevanz für den Schutz von Minderheitsgesellschaftern vor einer missbräuchlichen Gewinnthesaurierung durch die Einstellung von Teilen des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen. Wenn aber ein anderes Organ (z. B. der Aufsichtsrat) den Jahresabschluss feststellt, kommt der Frage ob und in welcher Höhe bei Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses Teile des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen eingestellt und damit der Entscheidung der Gesellschafter über die Thesaurierung oder Ausschüttung entzogen werden, erhebliche Bedeutung zu.[1] Der konkrete Auszahlungsanspruch eines Gesellschafters wird nämlich erst durch den Ergebnisverwendungsbeschluss begründet.[2]

 

Ausschüttungssperre

Die Gesellschafterversammlung hat bei der Beschlussfassung bestehende Ausschüttungssperren zu beachten, insbesondere gesetzliche wie § 268 Abs. 8 HGB und § 272 Abs. 5 HGB, aber auch etwaige diesbzgl. Satzungsregelungen. Es ist daher ggf. nicht der gesamte im Jahresabschluss ausgewiesene Jahresüberschuss/Bilanzgewinn ausschüttungsfähig.[3]

 

Rz. 1442

Die Gesellschafterversammlung[4] entscheidet über die Ergebnisverwendung (§ 46 Nr. 1 Alt. 2 GmbHG) – regelmäßig in der gleichen Gesellschafterversammlung, in welcher auch der Jahresabschluss festgestellt wird. Die Entscheidung trifft die Gesellschafterversammlung – vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmung – mit einfacher Mehrheit (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Bei ihrem Beschluss ist die Gesellschafterversammlung an den festgestellten Jahresabschluss gebunden.[5]

 

Rz. 1443

Die für die Feststellung des Jahresabschlusses geltende Frist von acht bzw. elf Monaten gilt auch für den Ergebnisverwendungsbeschluss (§ 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Innerhalb dieser Frist kann der Ergebnisverwendungsbeschluss auch geändert werden – zum Nachteil von Gesellschaftern durch eine Reduzierung der Ausschüttung aber nur mit allseitiger Zustimmung.[6]

 

Rz. 1444

Eines gesonderten Ergebnisverwendungsbeschlusses bedarf es nicht, wenn es an einem verwendungsfähigen Gewinn fehlt (Jahresfehlbetrag oder Bilanzverlust), da die Gesellschafter nicht unmittelbar am Verlust beteiligt sind.[7]

 

Rz. 1445

Im Ergebnisverwendungsbeschluss können die Gesellschafter entweder die Einstellung von Beträgen in Gewinnrücklagen[8] oder den Vortrag des Gewinns auf das folgende Geschäftsjahr (§ 29 Abs. 2 GmbHG) oder die Ausschüttung des Gewinns beschließen. Alles andere (z. B. die Auflösung von Kapital- und Gewinnrücklagen) ist hingegen Teil der Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses und kann nicht im Rahmen der Ergebnisverwendung beschlossen werden.[9] Denn diese beiden Beschlüsse können sowohl zeitlich auseinanderfallen als auch in die Kompetenz verschiedener Organe fallen.

 

Rz. 1446

Die Interessen der Gesellschafter bei der Ergebnisverwendung sind keineswegs immer gleichlaufend. So hat ein Mehrheitsgesellschafter häufig ein Interesse an der Bildung einer höheren Eigenkapitalquote, der Minderheitsgesellschafter eher an einer großzügigeren Ausschüttung. Eine gesetzliche Regelung für die Lösung eines solchen Konflikts gibt es bei der GmbH nicht. Anders als bei der AG[10] ist gesetzlich keine Mindestausschüttungsquote vorgesehen. Ein Konflikt ist vielmehr über die gesellschafterliche Treuepflicht zu lösen, wobei die gegenseitigen Interessen sorgfältig abzuwägen sind.[11] Die Vorschrift des § 254 Abs. 1 AktG kann dabei – allerdings nicht deckungsgleich[12] – als gesetzliche Wertung herangezogen werden.[13] In gewissem Maße kann auch eine Satzungsregelung die Probleme vermeiden, indem z. B. eine Thesaurierungsklausel/Mindestausschüttung vorgesehen wird.[14]

 

Rz. 1447

Der Beschluss ist allerdings nach allgemeinen Regeln gem. § 243 AktG analog anfechtbar,[15] wenn ein Treuepflichtverstoß zu bejahen ist.[16] Nichtig ist der Gewinnverwendungsbeschluss gem. § 253 AktG analog nur in Ausnahmefällen, z. B. wenn der Feststellungsbeschluss nichtig ist oder gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen wird (bereits oben Rn. 1433).[17]

[1] So ist es bei der AG – siehe dazu Lammel, in Manz/Mayer/Schröder, AG-Handbuch, Rn. 1347.
[2] Hommelhoff, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rn. 16, 30; Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 80.
[3] Reiner/Haußer, in MüKo-HGB, § 268 Rn. 46
[4] Auch hier handelt es sich um eine dispositive Zuständigkeitsregelung, sodass eine Übertragung der Zuständigkeit auf ein anderes Gremium/Organ möglich ist.
[5] Ekkenga, in MüKo-GmbHG, § 29 Rn. 146; Fastrich, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 8 f.
[6] Ekkenga, in MüKo-GmbHG, § 29, Rn...

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