Rz. 1429

Durch die Beschlussfassung erklären die Gesellschafter, den Jahresabschluss anzuerkennen, den die Geschäftsführung aufgestellt und ihnen mit der konkludenten Bitte um Billigung vorgelegt hat. Mit der Feststellung des Jahresabschlusses wird dieser verbindlich[1] – vorher handelt es sich bei ihm lediglich um einen Entwurf, der jederzeit abgeändert werden kann.[2] Der verbindlich festgestellte Jahresabschluss stellt die Basis für Gewinnfeststellung und Gewinnverwendung der Gesellschafter dar – die von der Geschäftsführung vorgenommenen bilanzpolitischen Maßnahmen (z. B. Ausübung von Wahlrechten, Bildung stiller Reserven, Bilanzierungsmethoden) und Einstellungen und Entnahmen in und aus Rücklagen werden wirksam und nur in dem derart vom Jahresabschluss vorgegebenen Rahmen kann über die Ergebnisverwendung entschieden werden.[3] Weiterhin enthält die Feststellung des Jahresabschlusses die Anerkennung von dessen Richtigkeit im Verhältnis der Gesellschafter untereinander[4] und fixiert die Anfangsbilanz des folgenden Geschäftsjahres.[5] Im Einzelfall kann ein verbindlich festgestellter Jahresabschluss auch Indizwirkung für das Bestehen oder Nichtbestehen von sich aus der Rechnungslegung ergebenden Ansprüchen oder Verbindlichkeiten besitzen.[6]

 

Rz. 1430

Soll eine Änderung des Jahresabschlusses nach seiner Feststellung, aber vor Fassung des Ergebnisverwendungsbeschlusses erfolgen, ist zu differenzieren:

  • nichtiger Jahresabschluss: Änderungen sind grundsätzlich geboten. Der nichtige Jahresabschluss wird durch einen wirksamen Jahresabschluss ersetzt.[7]
  • fehlerhafter Jahresabschluss (objektive Unrichtigkeit): Änderungen sind zulässig, aber nicht zwingend geboten. Eine Pflicht zur Änderung besteht jedoch, wenn der Fehler zu einer unzutreffenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führt und dies nicht durch Korrekturen im laufenden Jahresabschluss korrigiert werden kann.[8]
  • fehlerfreier Jahresabschluss: Eine Änderung kann nach Abwägung zwischen dem Interesse der Gesellschaft an der Änderung und dem Bestandsinteresse der Adressaten des Jahresabschlusses möglich sein (insbesondere bei gewichtigen steuerlichen oder wirtschaftlichen Gründen).[9]
 

Rz. 1431

Soll der Jahresabschluss nach dem Ergebnisverwendungsbeschluss geändert werden, ergibt sich folgende Differenzierung:

  • nichtiger Jahresabschluss: Änderungen sind geboten.[10]
  • fehlerhafter Jahresabschluss: Änderungen sind geboten, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss zum Angriff des Stammkapitals führt.[11]
  • andere Fälle (fehlerhafter Jahresabschluss, der das Stammkapital nicht angreift; fehlerfreier Jahresabschluss): Änderung nur mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter (die beispielsweise einen Anspruch auf Bezug eines Gewinnanteils haben) und Dritten.[12]
[1] BGH, Urteil v. 29.3.1996, II ZR 263/94, NJW 1996 S. 1678 [zum Jahresabschluss einer KG]; Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 13; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rn. 9; Altmeppen, in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 42a Rn. 36; Tiedchen, in Rowedder/Leithoff-Schmidt, GmbHG, § 42a Rn. 55.
[2] BGH, Urteil v. 28.1.1985, II ZR 79/84, BB 1985 S. 567; Tiedchen, in Rowedder/Leithoff-Schmidt, GmbHG, § 42a Rn. 55; Haas, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 42a Rn. 14; Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 22.
[3] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46 Rn. 9; Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 46 Rn. 19; Römermann, in Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 28.
[4] BGH, Urteil v. 2.3.2009, II ZR 264/07, DStR 2009, 1272; Bayer, in Saenger/Inhester § 42a Rn. 24; Haas, in Baumbach/Hueck § 42a Rn. 14.
[5] Wicke, in Wicke, GmbHG, § 46 Rn. 2; Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 46 Rn. 19; Römermann, in Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 28.
[6] OLG Celle, Urteil v. 28.10.2009, 9 U 125/06, GmbHR 2010 S. 87; Bayer, in Saenger/Inhester, GmbHG, § 42a Rn. 24; Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 13; Wicke, in Wicke, GmbHG, § 46 Rn. 2.
[7] Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 64; Geist, in DStR 1996, 306, 307 f.; Römermann, in Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 58.
[8] Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 24; Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 46 Rn. 33; Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 65.
[9] Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 46 Rn. 34; Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 66 m. w. N.; Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 25; Haas, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 42a Rn. 23.
[10] Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 67.
[11] Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 67 m. w. N.; Haas, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 42a Rn. 22.
[12] Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 46 Rn. 34; Tiedchen, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a Rn. 67 m. w. N.; Haas, in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 42a Rn. 23; Schmidt, in Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 25.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge