Leitsatz

Veranlasst der einzige Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich der alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist, die KG dazu, ein dieser gehörendes Grundstück ohne Gegenleistung zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung aus einem als Treugeber abgeschlossenen Treuhandvertrag auf den Treuhänder zu übertragen, begründet der Treuhandvertrag keine Verwertungsbefugnis des Kommanditisten i.S.v. § 1 Abs. 2 GrEStG.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 2 GrEStG

 

Sachverhalt

Streitig war die grunderwerbsteuerliche Würdigung der Errichtung eines "Contractual Trust Arrangement" (CTA), d.h. hier die insolvenzfeste Auslagerung von Pensionsverpflichtungen unter Übertragung von Deckungsvermögen – im Entscheidungsfall Grundbesitz.

Die Klägerin (AG) war als Kommanditistin wertmäßig allein am Vermögen einer grundbesitzenden KG und als Alleingesellschafterin an der Komplementär-GmbH beteiligt. Die AG als Treugeber schloss zur Auslagerung von Pensionsverpflichtungen mit dem T Pension Trust (T) unter Beteiligung der KG einen Sicherungstreuhandvertrag. Zur Absicherung der Pensionsansprüche übertrug die KG nach Abschluss des Vertrages Grundbesitz auf T als Treuhänder. Das beklagte FA setzte GrESt gegenüber T gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG (Auflassung) fest.

Darüber hinaus setzte das FA mit dem hier streitigen GrESt-Bescheid gegenüber der AG nach § 1 Abs. 2 GrEStG GrESt fest: Der T Trust habe der AG durch Abschluss des Sicherungsvertrags mit entsprechenden Einflussnahmerechten die Verwertungsbefugnis am Grundbesitz übertragen.

Das FG gab der auf Aufhebung des Steuerbescheids gerichteten Klage der AG mit der Begründung statt, die AG könne die Grundstücke nicht für sich verwerten (FG Köln, Urteil vom 18.12.2013, 5 K 4091/08, Haufe-Index 7536619, EFG 2015, 581).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung des FG jedenfalls im Ergebnis bestätigt. Die klagende AG hat den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht erfüllt.

  • Es ist jedenfalls unerheblich, dass die AG die einzige Kommanditistin der KG und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH gewesen ist, denn diese Gesellschafterstellung konnte ihr keine Verwertungsbefugnis vermitteln.
  • Rechtlich hat die AG zunächst den Grundbesitz grunderwerbsteuerfrei (§ 6 Abs. 2 GrEStG) aus der KG entnommen, um ihn dann in Erfüllung des Sicherungstreuhandvertrages auf T zu übertragen. Die unmittelbare Auflassung von der KG auf T ist lediglich ein abgekürzter dinglicher Leistungsweg zur Erfüllung zweier schuldrechtlicher Geschäfte.
  • Dabei behielt die AG die Rechtsposition zurück, die ihr an den Grundstücken aufgrund des Sicherungstreuhandvertrags zustand. Eine wie immer geartete Übertragung der Verwertungsbefugnis auf die AG hat nicht stattgefunden. Vielmehr verblieb die Verwertungsbefugnis der AG bei dieser, soweit sie überhaupt bestehen blieb.
 

Hinweis

Der Fall des BFH handelt vom Erwerb der Verwertungsbefugnis an einem Grundstück nach § 1 Abs. 2 GrEStG. Besteuerungstatbestand ist hier nicht der Rechtsträgerwechsel an einem Grundstück, sondern der Erwerb der Möglichkeit, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Der Gesetzgeber schließt damit eine Regelungslücke unterhalb des Vollrechtserwerbs.

1. Allerdings stellt sich angesichts des recht unbestimmten Rechtsbegriffs in der Praxis die Frage, wann eine "Verwertungsbefugnis" an einem Grundstück gegeben ist. Die Rechtsprechung hat Fälle gefunden, die sich üblicherweise unter § 1 Abs. 2 GrEStG subsumieren lassen. Die Verwertungsbefugnis erwirbt z.B. der atypische Makler, dem u.a. der über den festgelegten Mindestkaufpreis hinausgehende Betrag als Vermittlungsprovision fest zusteht (vgl. BFH, Urteil vom 17.10.1990, II R 55/88, BFH/NV 1991, 556) und der Pächter, der das von ihm auf dem Pachtgrundstück errichtete Gebäude wie ein Eigentümer nutzen und dessen Substanz bei Ende der Pachtzeit durch Übertragung auf den Eigentümer gegen eine Entschädigung verwerten kann (vgl. BFH, Urteil vom 9.9.2010, II B 53/10, BFH/NV 2010, 2305).

2. In der Praxis wichtig ist die im Besprechungsfall behandelte Rechtsfigur des Auftragserwerbs, ggf. in Gestalt eines Treuhandverhältnisses. Beim Erwerb eines Grundstücks durch einen Beauftragten im eigenen Namen unterliegt nicht nur dieser Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der GrESt, sondern gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG auch die damit dem Auftraggeber verschaffte rechtliche Möglichkeit, das Grundstück gemäß § 667 BGB an sich zu ziehen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 22.10.2014, II R 41/13, BFH/NV 2015, 232).

3. Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ist eine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis des Gesellschafters selbst bei Personengesellschaften regelmäßig nicht gegeben: Grundsätzlich vermittelt ein Anteil am Vermögen einer Gesamthand dem Gesellschafter keine wirtschaftliche Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG an einem der Gesellschaft gehörenden Grundstück. Dies folgt aus dem systematischen Aufbau des GrEStG. Dieses geht grundsätzlich von der Gesamthandsgemeinschaft als selbstständigem Rechtsträger aus (vgl. ...

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