Hohe Bedeutung

Die Vertriebsplanung steht ganz besonders im Mittelpunkt der Planungsprozesse vieler Unternehmen: Hier werden schließlich nicht "nur" einzelne Kostenpositionen geplant, die in unterschiedliche Zeilen der Planergebnisrechnung einfließen, sondern die Umsätze, die an oberster Stelle der Gewinn- und Verlustrechnung stehen. Noch größer ist die Bedeutung der Vertriebsplanung aus Liquiditäts- und Cashflow-Sicht, denn aus den Umsatzerlösen folgen mit Zeitverzögerungen die Einzahlungen, die das Unternehmen am Leben erhalten!

Ableitung aus der Strategie

Zudem bildet die Umsatzplanung in ganz besonderem Maße die Unternehmensstrategie ab, die sich ja i. d. R. sehr stark in Form von Wachstumszielen ausdrückt. Diese werden meist auf ganz spezielle Regionen, Produkt- und Kundengruppen heruntergebrochen. Ein Blick auf einen "Klassiker" der strategischen Unternehmensführung, die Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff[1] (s. Abb. 1), verdeutlicht dies: Sie bildet zwei der wichtigsten Elemente der strategischen Planung ab, nämlich Märkte (sowohl im geografischen Sinn als auch im Sinn von kundenbezogenen Zielgruppen) und Produkte. In keinem anderen Unternehmensbereich dürfte es somit so leicht fallen, die Budgetierung an die strategische Planung anzulehnen, denn die Planungsdimensionen Region, Kunde und Produkt sind integrale Bestandteile der operativen Vertriebsplanung. Da sollte eine Ableitung der operativen Planzahlen (Budgets) aus dem strategisch festgelegten Produktportfolio und den strategisch festgelegten Zielmärkten in Zusammenhang mit den Wachstumszielen doch machbar sein!

Abb. 1: Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff[2]

[1] Siehe Ansoff (1965).
[2] In Anlehnung an Ansoff (1965).

1.1 Einfluss des Geschäftsmodells auf den Planungsprozess

Doch gibt es eigentlich "die" Vertriebsplanung? Schließlich gibt es die Funktion "Vertrieb" in Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen und Geschäftsmodelle, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Art und Weise der Vertriebsplanung.

Investitions- oder Konsumgüterbranche

Ein Anlagenbauer mit vielleicht nur einer Handvoll an Vertragsabschlüssen pro Jahr muss anders planen als ein Lebensmittelhersteller, der seine Produkte täglich an eine Vielzahl Einzelhandelsfilialen liefert.

Unternehmen oder Verbraucher als Zielgruppe

Es macht zudem einen großen Unterschied, ob ein Unternehmen andere Unternehmen (B2B) oder im Direktvertrieb den Endverbraucher beliefert (B2C). Während im B2B-Bereich eine einzelkundenbezogene Planung zumindest für Key Accounts naheliegend ist, macht diese im B2C-Bereich wenig Sinn, da der einzelne Kunde mangels Umsatzpotenzial als Planungsgröße unerheblich ist. Hier empfiehlt sich eine Planung auf Produkt- und/oder Kundensegmentebene.

Direkter oder indirekter Vertrieb

Komplexer wird die Situation, wenn Produkte in indirekten Vertriebsmodellen über den Groß- und/oder Einzelhandel vertrieben werden. Dabei kann die Belieferung des Einzelhandels auch über den Großhandel erfolgen, wie es z. B. in der IT-Branche üblich ist. Die vom Großhandel belieferten Abnehmer werden oft noch direkt vom Vertrieb des Herstellers betreut, in vielen Fällen handelt es sich dabei sogar um wichtige Key Accounts. Dies steigert die Komplexität der Vertriebsplanung ganz erheblich, da in die Absatzplanung die Informationen über Lagerbestände und Abverkäufe einer oder zweier Handelsstufen einfließen müssen.[1]

[1] Siehe Schmitt, Controlling-Berater (2008).

1.2 Angebots- oder nachfrageorientierter Markt

Push und Pull

Von entscheidender Bedeutung ist zudem die Frage, ob das Unternehmen in einem angebots- ("Push") oder nachfrageorientierten ("Pull") Markt agiert (s. Abb. 2 und 3), denn dies sollte auch die Art der Koppelung zwischen Vertriebs- und Produktionsplanung maßgeblich beeinflussen.

1.2.1 Angebotsorientierter Markt

In einem angebotsorientierten Markt dominieren technologische Überlegungen die strategische Gestaltung des Produktportfolios, aus welchem sich wiederum die Kapazitäten zur Leistungserstellung (z. B. Produktionskapazitäten) ableiten. Aus der Anforderung der Auslastung dieser Kapazitäten leitet sich somit die Absatzplanung ab: Der Vertrieb verkauft dann die produzierte Ware. Wenn dies wider Erwarten Schwierigkeiten bereiten sollte, dient der Preis als "Schmiermittel".

Eine Angebotsorientierung kann z. B. in folgenden Situationen bestehen:

  • ungesättigte Märkte, in denen die hohe Nachfrage nach Produkten kaum befriedigt werden kann, wie z. B. in der Wirtschaftswunderzeit in Deutschland oder aktuell in einigen Emerging Markets mit schnell ansteigendem Lebensstandard der Bevölkerung.
  • Monopolsituationen, wie z. B. bei der Bereitstellung von Grippeimpfstoffen für die Schweinegrippe im Herbst 2009.
  • "Angebotsverwertung" als Unternehmenszweck, z. B. in der Vermarktung eines mehr oder weniger fixen Angebots nicht oder begrenzt lagerfähiger Güter (z. B. verderbliche landwirtschaftliche Produkte).

Abb. 2: Angebotsorientierte Märkte

1.2.2 Nachfrageorientierter Markt

Für die große Mehrheit der Unternehmen sind die Märkte in der heutigen Zeit allerdings nachfrageorientiert: Die zukünftige Nachfrage der Kunden bestimmt das Produktportfolio der Unternehmen und somit auch, was wann ...

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