Die Auswirkungen zivilrechtlicher Gestaltungen auf das Steuerrecht verdeutlicht beispielsweise die Frage, ob ein steuerbarer Umsatz vorliegt oder nicht. Die Beantwortung ist abhängig von den schuldrechtlichen Regelungen.

 
Praxis-Beispiel

Gegenleistung beim Darlehen

Bei einem Darlehen zählen zum Entgelt im Sinne der Umsatzsteuer die Zinszahlungen, während die Rückzahlung der Darlehenssumme keine Gegenleistung darstellt. Entsprechend stellt die Auszahlung der Darlehenssumme durch die Bank auch keinen Umsatzerlös im Sinne des Umsatzsteuerrechts und keine Einnahme bei der Einkommensteuer – etwa im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – dar.

Dieses einfache Beispiel zeigt, wie wichtig es für die steuerliche Beratung ist, zivilrechtliche Vereinbarungen zu verstehen (im Beispielsfall: welche Regelungen beinhalten ein Darlehensvertrag) und mit den Instrumenten des Zivilrechts, soweit sie für die Besteuerung entscheidend sind, umgehen zu können. Um bei dem simplen Beispiel zu bleiben: Wer nicht weiß, was ein Darlehen ist, kann Zahlungen auf das Darlehen nicht richtig verbuchen, bzw. läuft Gefahr, etwa ertragsteuerliche oder umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlagen falsch zu ermitteln.

Wegen der häufigen Verquickung von Steuerrecht und Zivilrecht erlaubt § 5 Abs. 1 RDG der Steuerberaterin/dem Steuerberater auch eine Beratung zum Zivilrecht, wenn es sich dabei um eine Nebenleistung zu einer diesem Personenkreis erlaubten Tätigkeit, also insbesondere der Steuerberatung, handelt. In Zweifelfällen sollte bei der (schriftlichen) Auftragserteilung der Hinweis erfolgen, dass es Ziel der Beratung ist, die bestmögliche wirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und steuerliche Lösung zu entwickeln. Kommt es der Mandantschaft entscheidend auf die zivilrechtlichen Folgen an und rücken diese deshalb in den Vordergrund (etwa, wie ein Darlehen zivilrechtlich zu gestalten ist), sollte auf eine Beratung verzichtet werden, bzw. nur in Kooperation mit Personen, die zur umfassenden Rechtsberatung befugt sind.

Besondere Bedeutung erlangt das Zivilrecht in Beratungen , wenn nicht nur auf das Steuerrecht reagiert werden soll, sondern es um aktive Gestaltung geht, also Gestaltungsfragen im Vordergrund der Beratung stehen. Denn hier müssen häufig zunächst privatrechtliche Vorfragen entschieden werden. Beratungen dazu sind so lange nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt, wie diese lediglich eine Nebenleistung darstellen.

 
Praxis-Beispiel

Rechtsform eines Unternehmens

Schon die Frage der zivilrechtlichen Rechtsform eines Unternehmens (Einzelunternehmens, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft) hat entscheidende Bedeutung dafür, ob Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer erhoben wird. Auch gewerbesteuerliche Folgen sind an die zivilrechtliche Rechtsformentscheidung geknüpft. So unterliegt eine GmbH kraft (zivilrechtlicher!) Rechtsform der Gewerbesteuer, während bei Personengesellschaften eine Fülle von Unternehmen keiner Gewerbebesteuerung unterliegen. Man denke etwa an die vielen freiberuflichen Unternehmen.

Es darf aber nicht verkannt werden, dass es sich beim Steuerrecht im Gegensatz zum Zivilrecht um öffentliches Recht handelt. Der Fiskus, beispielsweise Bund, Länder oder Gemeinden haben das Recht, den ihnen zustehenden Steueranspruch mit hoheitlichen Mitteln durchzusetzen. So verfügen die Finanzämter über Möglichkeiten, Ansprüche selbst zu vollstrecken. Demgegenüber baut das Zivilrecht auf gleichberechtigte agierende Parteien auf; gegenüber der jeweils anderen Partei bestehen keine hoheitlichen Befugnisse. Das bedeutet nicht, dass Privatpersonen schutzlos sind. Aber im Gegensatz zu den Finanzämtern, die aus eigener Befugnis hoheitliche Mittel anwenden können, müssen Privatleute grundsätzlich zur Durchsetzung ihrer Rechte öffentliche Stellen, wie beipielsweise die Gerichte, bemühen. In der Praxis wird nicht selten versucht, den mühsamen und teuren Gang zum Gericht zu vermeiden, indem etwa Anzahlungen oder Sicherheitsleistungen verlangt werden.

Begriffsbildung

In der Regel werden zivilrechtliche Begriffe im Steuerrecht vorausgesetzt und haben in beiden Rechtsgebieten die gleiche Bedeutung. Aber hier gilt es aufzupassen! Denn in vielen Fällen weicht die Bedeutung ähnlich oder auch gleich lautender Begriffe des Zivilrechts vom Steuerrecht ab.

 
Praxis-Beispiel

Unterschiedliche und übereinstimmende Begriffsbildung

  • Der Arbeitnehmerbegriff im Sinne des Einkommensteuer- bzw. Lohnsteuerrechts ist nicht immer identisch mit dem Arbeitnehmerbegriff im arbeitsrechtlichen (zivilrechtlichen) und sozialrechtlichen Sinn.[1] Praktisch bedeutsam werden die Unterschiede vor allem bei Gesellschafter-Geschäftsführern.
  • Der Begriff der gesetzlichen Vertretung wird im Steuerrecht, z.  B. in § 34 AO und im Zivilrecht einheitlich verwendet.
 
Wichtig

Einzelfallprüfung notwendig

Da nicht grundsätzlich vom Vorrang des Zivilrechts vor dem Steuerrecht ausgegangen werden darf, muss in der Praxis im Zweifel in jedem Einzelfall geprüft werden, ob Begriffe identisch verwendet we...

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