Leitsatz

§ 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes setzt nicht voraus, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist. Die Zeitdauer muss jedoch anhand objektiver Umstände – gegebenenfalls im Wege einer Schätzung – zumindest bestimmbar sein (Anschluss an Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.06.2019 – VI R 34/17, BFHE 265, 139, BStBl II 2021, 5).

 

Normenkette

§ 11 Abs. 1 Satz 3, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger schloss mit der …-GmbH (im Weiteren GmbH) am 25.9.2017 einen Nutzungsvertrag, aufgrund dessen er der GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von sog. Ökopunkten zur Verfügung stellt. Dieser Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Von dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung unberührt blieb das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Ferner verpflichtete sich der Kläger, zugunsten der GmbH sowie zugunsten der zuständigen Behörde beschränkt persönliche Dienstbarkeiten zu bestellen. Schließlich verpflichtete sich die GmbH, zum Ende der Vertragslaufzeit die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechte zu bewilligen und zu beantragen.

Für die Zurverfügungstellung der Grundstücke erhielt der Kläger eine Nutzungsentschädigung, die ihm in unterschiedlichen Beträgen in den Streitjahren zufloss.

Das FA ordnete die Nutzungsentschädigung den Einkünften aus VuV zu, ließ jedoch die beantragte Verteilung der Entschädigung auf 20 Jahre nicht zu, da der Zahlungszeitraum nicht genau festgelegt worden und auch nicht bestimmbar sei.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 9.11.2022, 2 K 217/21, Haufe-Index 15519722, EFG 2023, 253).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision aus den unter den Praxishinweisen dargestellten Gründen als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

Im Streitfall ging es um die Frage, ob Entgelte für die Überlassung von landwirtschaftlichen Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von Ökopunkten im Jahr (in den Jahren) des Zuflusses zu versteuern waren oder über einen bestimmten bzw. zumindest bestimmbaren Vorauszahlungszeitraum für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren gleichmäßig verteilt werden konnten.

1. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Als Ausnahme sieht § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG vor, dass der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG) beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen kann, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

2. Im vorliegenden Fall wurde das Entgelt nicht für "mehr als fünf Jahre im Voraus geleistet" (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Es lag zwar ein Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren vor, da die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Vertrags für 30 Jahre ausgeschlossen worden ist. Allerdings fehlte ein bestimmbarer Vorauszahlungszeitraum.

Bei Bezug der Einnahmen, deren Verteilung in Rede steht, muss feststehen, dass der Vorauszahlungszeitraum für die Nutzungsüberlassung mehr als fünf Jahre beträgt. Hierfür genügt nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung. Zwar verlangt das Gesetz nicht, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist, der (fünf Jahre überschreitende) Vorauszahlungszeitraum muss jedoch anhand objektiver Umstände – ggf. im Wege sachgerechter Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO) – bestimmbar sein.

3. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Vorinstanz zutreffend aufgeführt, dass der Vorauszahlungszeitraum weder bestimmt noch bestimmbar war.

Wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für 30 Jahre steht zwar ein Mindestnutzungszeitraum fest. Jedoch fehlen objektive Anhaltspunkte, anhand derer sich ein Ende der Nutzungsüberlassung feststellen ließe. Denn es ist nicht absehbar, ob und wann die ordentliche Kündigung nach Ablauf der 30 Jahre erfolgen wird.

Im Streitfall waren konkrete wirtschaftliche Gründe, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Vertrag nach Ablauf von 30 Jahren gekündigt werden wird und damit die Nutzungsüberlassung und der Vorauszahlungszeitraum endet, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

4. Der BFH betont, dass sich dieser Fall von dem Sachverhalt des BFH-Urteils vom 4.6.2019 (VI R 34/17, BFHE 265, 139, BStBl II 2021, 5, BFH/NV 2019, 1173) unterscheidet. Denn vorliegend fehlt eine Verknüpfung der Laufzeit eines konkreten Projektes, für das die Ökopunkte eingesetzt werden, mit der Laufzeit der Nutzungsüberlassung. Dem Nutzungsvertrag ließen sich keine Anhaltspunkte entnehmen. So blieb der Vortrag d...

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