Leitsatz

Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren vor dem 1.1.2009 sind im Jahr 2009 - trotz fehlender gesetzlicher Grundlage - zuerst mit Spekulationsgewinnen des Jahres 2009 (bei vor dem 1.1.2009 angeschafften Wertpapieren) zu verrechnen und erst anschließend mit Kapitalerträgen des Jahres 2009, die der - im Urteilsfall höheren - Abgeltungsteuer unterliegen.

 

Sachverhalt

Für die Ehegatten hatte das Finanzamt zum 31.12.2008 einen hohen Verlust aus Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren festgestellt. Im Jahr 2009 erzielten sie Gewinne aus dem Verkauf sowohl von Wertpapieren, die sie vor dem Jahreswechsel erworben hatten, als auch von später angeschafften Wertpapieren. Bei der zuerst genannten Gruppe lagen Spekulationsgewinne vor, die nach der Tabelle mit weniger als 25 % zu besteuern waren. Bei der zweiten Gruppe nimmt das Gesetz ab 2009 Einkünfte aus Kapitalvermögen an, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Die Ehegatten verlangten, vorrangig die für sie günstigere Verrechnung mit den Einkünften aus Kapitalvermögen vorzunehmen.

 

Entscheidung

Das FG bestätigte die Auffassung des Finanzamts, nach den Verwaltungsanweisungen (BMF, Schreiben v. 22.9.2009, BStBl 2010 I S. 94) seien die Altverluste aus Spekulationsgeschäften zuerst mit Gewinnen aus Spekulationsgeschäften und erst danach mit Einkünften aus Kapitalvermögen zu verrechnen. Da das Gesetz diese Frage nicht eindeutig regle, sei darauf abzustellen, dass eine Verrechnung mit anderen Spekulationsgewinnen schon vor dem 1.1.2009 zulässig gewesen und die Neuregelung als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei. Schließlich meint das FG, der Wortlaut der Regelung (Verrechnung "auch" mit Kapitalerträgen) sei nicht anders zu verstehen.

 

Hinweis

Die Argumentation des FG vermag nicht zu überzeugen. Der Wortlaut des Gesetzes legt eher die Deutung nahe, die beiden Verrechnungsmöglichkeiten stünden gleichberechtigt nebeneinander. Maßgeblich ist allein die Rechtslage 2009, nicht die gerade in diesem Punkt geänderte Rechtslage 2008. Zudem liegt, genau besehen, keine Ausnahmeregelung vor, sondern eine zeitlich eng begrenzte Übergangsregelung. Entscheidend müsste sein, dass bei Fehlen einer gesetzlichen Regelung dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einzuräumen ist und nicht von Seiten der Verwaltung die fiskalische Besteuerung vorgeschrieben werden kann.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.09.2012, 1 K 4484/11

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