Leitsatz

Behält ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck nach außen lediglich auf die Vermittlung von Spielgemeinschaften und Spielverträgen gerichtet ist, die ihm von den Spielern zum Einsatz bei einer genehmigten Lotterie überlassenen Mittel für sich und erhalten die Spieler die Gewinne, die beim absprachegemäßen Abschluss von Lotterieverträgen angefallen wären, aus den Einsätzen ausgezahlt, veranstaltet es eine der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie.

 

Normenkette

§ 17, § 19 RennwLottG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, schloss mit den von ihr geworbenen Spielern Verträge, wonach sie diese gegen Entgelt in Spielgemeinschaften zusammenzuschließen, für die Hälfte des Entgelts über einen Treuhänder die Spielscheine zur Teilnahme an einer staatlichen Lotterie zu erwerben und die zu setzenden Zahlen anhand der von ihr entwickelten Spielreihen zu bestimmen hatte. Etwa anfallende Gewinne sollte sich der Treuhänder auszahlen lassen und an die Spieler verteilen. Sollten sich nicht genügend Spieler finden, konnte sie den Treuhänder anweisen, keine Spielverträge abzuschließen. In derartigen Fällen war den Spielern anderweitig Ersatz zu leisten.

Tatsächlich wurden nur für einen geringen Teil der Einsätze der Spieler Lottoscheine abgegeben. Gleichwohl wurden den Spielern die Nummern der angeblich abgegebenen Scheine sowie der getippten Zahlen genannt und Gewinne in der Höhe ausgezahlt, wie sie auf diese Zahlen entfallen wären.

In diesem Vorgehen sah das FA das Veranstalten einer eigenen Lotterie und unterwarf die Klägerin der Lotteriesteuer. Demgegenüber ist die Klägerin der Ansicht, die ausgezahlten fiktiven Gewinne stellten vertragsgemäße Schadenersatzleistungen dar. Die Ersatzansprüche seien auf das Erfüllungsinteresse gerichtet gewesen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Für die Besteuerung komme es nicht auf die Bezeichnung an, sondern auf den wirtschaftlichen Gehalt der "Ersatzansprüche". Die praktizierte Vorgehensweise der Klägerin habe den Regelvollzug der mit den Spielern abgeschlossenen Verträge und nicht – worauf das Wort "Ersatz" hindeute – die Ausnahme dargestellt.

 

Hinweis

1. Zum Begriff der Lotterie ist dreierlei höchstrichterlich geklärt:

a) Eine Lotterie liegt vor, wenn sich jemand für eigene Rechnung einem anderen gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, nach einem festgesetzten Plan beim Eintritt eines ungewissen, wesentlich vom Zufall abhängigen Ereignisses dem anderen einen bestimmten Geldgewinn zu gewähren, während der andere unbedingt einen bestimmten Betrag, den Einsatz, zu zahlen hat (BFH, Urteile vom 02.02.1977, II R 11/74, Haufe-Index 72315, 495 sowie vom 19.06.1996, II R 29/95, BFH/NV 1997, 68).

b) Eine Lotterie kann auch in der Weise veranstaltet werden, dass sich jemand an eine bereits bestehende andere Lotterie anschließt und den Teilnehmern die Zahlung von Gewinnen verspricht, welche auf die Lose jener Lotterie entfallen werden. Entscheidend ist dabei, dass die Teilnehmer schuldrechtliche Ansprüche lediglich gegen ihren Vertragspartner erlangen und zum Unternehmer der ersten Lotterie in keine rechtlichen Beziehungen treten (BGH, Entscheidungen vom 18.01.1977, 1 StR 643/76 sowie vom 09.03.1999, KVR 20/97, NJW-RR 1999, 1266).

c) Die Vermittlung von Lotterieverträgen zwischen einem Lottounternehmer und einzelnen Spielern oder Spielgemeinschaften ist selbst keine Lotterie. Dabei werden die Spieler Eigentümer der Lose (RG, Urteil vom 16.05.1895, Rep. 1081/95, RGSt 27, 233, 237).

2. Das Vorliegen einer Lotterie i.S.v. 1. b) lässt sich nicht dadurch umgehen, dass die mit den Spielern abgeschlossenen Verträge eine Vermittlung von Spielverträgen i.S.v. 1. c) vorsehen, beim Nichtzustandekommen von Spielverträgen Ersatz zu leisten ist, der Ersatz in den Formen von 1. b) geleistet wird und der Ersatzfall die Regel darstellt.

3. Die Erhebung der Lotteriesteuer verstößt weder gegen die 6. EG-RL noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 02.04.2008, II R 4/06

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