Kommentar

Aufgrund steigender Zahlen von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern werden wieder vermehrt Gebäude zur Unterbringung der Personen von der öffentlichen Hand oder Betreibern von Gemeinschaftsunterkünften angemietet. In Einzelfällen werden nicht nur Räume überlassen, sondern auch noch darüber hinausgehende Leistungen erbracht. Die OFD Frankfurt a. M. hat die sich daraus ergebenden umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen zusammengestellt und aktualisiert.

1. Langfristige Vermietung

Regelmäßig werden Verträge über die Überlassung von Räumen zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern langfristig (d. h. für mehr als 6 Monate) abgeschlossen. Diese Überlassung ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei.

Wichtig

Bei der Berechnung der Frist ist die Laufzeit des Vertrags maßgeblich. Es ist nicht auf die tatsächliche Aufenthaltsdauer der untergebrachten Personen abzustellen.

Allerdings können neben der Überlassung der Räumlichkeiten noch weitere Leistungen ausgeführt werden. Hier gilt Folgendes:

  • Übliche Nebenleistungen (Bereitstellung von Mobiliar; Versorgung mit Strom, Wasser, Wärme; Reinigung der allgemeinen Außen- und Innenbereiche; Hausmeisterservice; Abnutzungszuschlag, wenn keine Renovierung erfolgt) sind wie die Vermietung zu behandeln und führen insgesamt zu steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 12 UStG.

Hinweis

Da die Vermietungsleistungen regelmäßig an die öffentliche Hand erbracht werden, kann für die steuerfreie Vermietungsleistung nicht auf die Steuerfreiheit[1] verzichtet werden.

  • Werden Leistungen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Gemeinschaftsunterkünften ausgeführt (Verpflegung der untergebrachten Personen; Überlassung und Reinigung von (Bett-)Wäsche; Waschdienst; Kontrolle der Zimmer; Führen von Anwesenheitslisten; Sicherheitsdienst; Gestellung von Hauspersonal; soziale Betreuung) liegt eine einheitliche Leistung vor. Diese Leistung kann unter den Bedingungen des § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei sein.[2]
Wichtig

Der BFH hat die Einheitlichkeit dieser Leistungen bestätigt und die Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bejaht (eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen). Zum 1.1.2020 wurde § 4 Nr. 18 UStG unionsrechtskonform angepasst. Danach sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen steuerfrei, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt werden, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.[3]

2. Kurzfristige Vermietung

Werden Räumlichkeiten ausnahmsweise kurzfristig – bis zu 6 Monate – vermietet, handelt es sich um steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.[4] Allerdings unterliegen die Leistungen dem ermäßigten Steuersatz.[5] Dies gilt entsprechend für die damit zusammenhängenden Nebenleistungen.

Hinweis

Für evtl. daneben ausgeführte Verpflegungsdienstleistungen[6], Nutzung von Kommunikationsnetzen etc. verweist die Finanzverwaltung auf das sog. "Aufteilungsgebot" und will diese Leistungen regelmäßig dem allgemeinen Steuersatz unterwerfen. Ob das Aufteilungsgebot in diesem Bereich allerdings anwendbar ist, ist nach einem Urteil des EuGH[7] fraglich. Der BFH[8] muss in verschiedenen Verfahren darüber entscheiden.

3. Weitere Möglichkeiten

Neben der lang- und kurzfristigen Vermietung nimmt die OFD Frankfurt a. M. noch zu den folgenden Punkten Stellung:

  • Zur vorübergehenden Unterbringung in Zweckbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften, Einrichtungen von jPdöR oder in Wohnungen von Vermietungsgenossenschaften wird auf die bis 31.12.2021 befristete Billigkeitsmaßnahme des BMF[9] verwiesen.
  • Werden bisher vorsteuerabzugsberechtigt genutzte Hallen vorübergehend für hoheitliche (nichtunternehmerische) Unterbringungszwecke verwendet, ist aus Billigkeitsgründen von einer Vorsteuerberichtigung bzw. der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe abzusehen, wenn die Anlage anschließend wieder für die ursprünglichen Zwecke verwendet werden soll.

Konsequenzen für die Praxis

Leistungen im Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern kommen derzeit wieder häufiger vor. Es ist deshalb zu begrüßen, dass die OFD Frankfurt a. M. ihre Verfügung über die in diesem Zusammenhang ausgeführten Leistungen aktualisiert[10] und die Rechtsprechung des BFH mit aufnimmt.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

OFD Frankfurt a. M., Verfügung v. 13.4.2023, S 7168 A – 015 – St 16, UR 2023 S. 773..

[1] Ausschluss nach § 9 Abs. 1 UStG, da die Tätigkeit im Rahmen der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen ist.
[4] Keine Steuerbefreiung wegen § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG.

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