Leitsatz

1. Die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, stellt die Vermietung eines Grundstücks i.S.v. Art. 13 Teil B Buchtstabe b der 6. EG-RL dar, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll.

2. Für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einer Vermietung eines Grundstücks i.S.v. Art. 13 Teil B Buchtstabe b der 6. EG-RL handelt, kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter dem Mieter auch das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück errichtet hat.

 

Normenkette

Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL , § 4 Nr. 12 UStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte ein- und zweistöckige Gebäude zur vorläufigen Unterbringung von Asylbewerbern errichtet, die, Fertighäusern vergleichbar, aus Fertigteilen erstellt und auf Sockeln aus Beton standen. Die Gebäude standen z.T. auf fremdem Grundstück und waren nach Ablauf der Mietverträge wieder zu entfernen. Sie konnten in zehn Tagen von acht Personen zur Wiederverwendung demontiert werden.

FA und FG hielten die Vermietung für steuerpflichtig, weil es sich um Scheinbestandteile i.S.d. § 95 BGB handele und deshalb keine Grundstücksvermietung vorliege.

 

Entscheidung

Wichtig sind die folgenden Grundsätze:

1. Erlaubt die Richtlinie – wie hier – den Mitgliedstaaten die Regelung von Ausnahmen und will der Mitgliedstaat davon Gebrauch machen, bedarf es einer gesetzlichen Regelung. Nationale Verwaltungsanweisungen – auf die sich die Bundesregierung im EuGH-Verfahren berufen hatte – sind als bloße Weisungen an die Finanzbehörden deshalb insoweit unbeachtlich.

2. Die Befreiungen in Art. 13 der 6. EG-RL sind eigenständige gemeinschaftsrechtliche Begriffe und erfordern deshalb eine gemeinschaftsrechtliche Definition. Das bedeutet: nationale zivilrechtliche Definitionen sind nicht entscheidend; sie sind stets am Gemeinschaftsrecht, d.h. am Wortlaut der Richtlinienbestimmung, deren Zusammenhang und deren Ziel zu verproben.

3. Der Gemeinschaftsgesetzgeber will mit Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL (nur) die Vermietung von Grundstücken (= nicht beweglichen Gegenständen) befreien, im Gegensatz zur steuerpflichtigen Vermietung von beweglichen Gegenständen. Dieser Gegensatz bestimmt deshalb die Auslegung: Bewegliche Gegenstände sind leicht versetzbar; nicht leicht versetzbar heißt nicht untrennbar verbunden. Nicht beweglich (Grundstücke i.S.d. der Vorschrift) sind deshalb auch Gebäude, wenn sie nicht leicht versetzbar sind.

Beachten Sie deshalb: Auch die Vermietung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist eine Vermietung von Grundstücken.

 

Hinweis

Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG u.a. die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken. Nicht befreit sind nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG (u.a.) die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, und die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist der Begriff "Grundstück" in § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG bürgerlich-rechtlich zu verstehen (z.B. BFH, Urteil vom 8.10.1991, V R 46/88, BStBl II 1992, 368 zu 1. a). Er umfasst auch Gebäude und Gebäudeteile, soweit sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind, wenn sie mit dem Grund und Boden fest verbunden sind (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören aber solche Sachen – auch Gebäude – nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB). Die Vermietung dieser sog. Scheinbestandteile wurde deshalb nicht als Grundstücksvermietung i.S.v. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG beurteilt. Zweifelhaft war, ob diese auf nationales deutsches Zivilrecht zurückgreifende Definition mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar war.

Auch nach Art. 13 Teil B der 6. EG-RL befreien die Mitgliedstaaten "die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" von der Steuer.

Ausgenommen sind

1. die Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken,

2. die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,

3. die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,

4. die Vermietung von Schließfächern. Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen.

Nationale Besonderheiten – wie möglicherweise die Beurteilung von nur vorübergehend mit dem Grundstück verbundene Gebäude – dürften für die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Begriffe nicht maßgeblich sein. Der BFH ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge