Leitsatz

Der steuertariflichen Ermäßigung unterliegen nur die nach der Verlustverrechnung noch im zu versteuernden Einkommen enthaltenen, anteiligen außerordentlichen Einkünfte.

 

Sachverhalt

Die Kläger wurden im Streitjahr als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und die Klägerin erklärten jeweils positive und negative Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers beinhalteten unter anderem einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn. Das beklagte FA verrechnete nach Verlustverrechnung beim Kläger und Klägerin verbleibende Verluste der Klägerin anteilig mit den positiven Einkünften des Klägers. Zunächst wurde der Rest der tariflich zu versteuernden positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb verrechnet, dann anteilig der tarifbegünstigte Veräußerungsgewinn und die Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Kläger vertreten die Ansicht, dass eine Verrechnung der Verluste mit dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn nur zulässig sei, wenn alle positiven Einkünfte, die einer höheren Tarifbelastung unterliegen, aufgebraucht seien. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Klage war zulässig, aber unbegründet. Bei der Verrechnung verbleibender Verluste mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten sei die Verrechnung anteilig vorzunehmen. Dies gelte auch für die Verrechnung der Verluste des anderen Ehegatten. Der Ansicht, dass eine Verrechnung von Verlusten mit tarifbegünstigten Einkünften nicht oder erst dann erfolgen dürfe, wenn nichtbegünstigte Einkünfte aufgebraucht seien, folgte das Hessische FG nicht. Tarifbegünstigte Einkünfte seien keine eigene Einkunftsart und daher als Teil der Einkunftsart zu behandeln, zu der sie gehörten. Das Gesetz stelle nur auf die Summe der Einkünfte und nicht darauf ab, nach welchem Tarif diese zu versteuern seien (§ 2 Abs. 3 EStG a. F.). Bei jedem Ehegatten sei für sich zunächst ein horizontaler, dann ein vertikaler Verlustausgleich vorzunehmen. Anschließend folgten der horizontale und vertikale Ausgleich zwischen den zusammen veranlagten Ehegatten. Es finde sich im Gesetz kein Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich des generell unbeschränkt abzugsfähigen Betrags der Abzug zunächst von den tariflich vollbesteuerten Einkünften vorzunehmen sei.

 

Hinweis

Die Revision wurde zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH inzwischen anhängig (Az.: XI R 53/03). An der gesetzlichen Regelung zur Verlustverrechnung, die eine Mindestbesteuerung sichern sollte, bestehen verfassungsrechtliche Bedenken grundsätzlicher Art (vgl. Kirchhof, EStG, 3. Aufl. 2003, § 2 Rn. 129 f.). An der Verfassungsmäßigkeit des begrenzten Verlustausgleichs hat auch der BFH Zweifel, sofern dem Steuerpflichtigen nicht das Existenzminimum verbleibt (BFH, Beschluss v. 6.3.2003, XI B 7/02, BStBl 2003 II S. 516 und vom 6.3.2003, XI B 76/02, BStBl 2003 II S 523).

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 27.12.2003 wurde inzwischen die Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs im Verlustentstehungsjahr zwischen den verschiedenen Einkünften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 aufgehoben (BGBl 2003 I S. 2840).

 

Link zur Entscheidung

Hessisches FG, Urteil vom 05.06.2003, 1 K 2169/02

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