Leitsatz

1. Nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 i.d.F. des UntStRFoG geht ein verbleibender Verlustvortrag auch dann auf die übernehmende Körperschaft über, wenn nicht diese, sondern ein anderes Unternehmen den Verlustbetrieb fortführt.

2. Ein auf den Schluss des Verschmelzungsjahrs festgestellter verbleibender Verlustvortrag ist unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 i.d.F. des UntStRFoG erstmals bei der Besteuerung der übernehmenden Körperschaft für das Verschmelzungsjahr zu berücksichtigen (Fortentwicklung des Senatsurteils vom 31.05.2005, I R 68/03, BFH/NV 2005, 1462, BFH/PR 2005, 349).

 

Normenkette

§ 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 i.d.F. des UntStRFoG

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH I erwarb am 01.12.1998 alle Anteile an der GmbH II. Im Anschluss an eine Kapitalerhöhung bei der GmbH II wurde diese zum 31.12.1999 auf die GmbH I verschmolzen. Dabei erlitt die Letztere einen Verschmelzungsverlust i.H.d. im Jahr 1999 erwirtschafteten Jahresfehlbetrags der GmbH II, der gem. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 1995 n.F. außer Ansatz blieb.

Am 01.01.2002 übertrug die GmbH I ihr gesamtes operatives Geschäft einschließlich des auf sie übergegangenen Betriebs der GmbH II auf eine GmbH III. Diese führte den ihr übertragenen Geschäftsbetrieb über den 31.12.2004 hinaus fort. Die GmbH I selbst beschränkte sich fortan auf die Verwaltung eigener Immobilien und Beteiligungen.

Das FA stellte für die GmbH II auf den 31.12.1999 einen verbleibenden Verlustabzug zur KSt fest. In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 1999 verrechnete die GmbH I diesen Betrag mit ihren eigenen positiven Einkünften.

Dem folgte das FA nicht. Es ging davon aus, dass wegen der späteren Veräußerung des operativen Geschäftsbetriebs der Verlustabzug rückwirkend für das Streitjahr zu versagen sei.

Die anschließende Klage wurde abgewiesen (FG Münster, Urteil vom 26.08.2008, 9 K 5397/04 K, Haufe-Index 2062656, EFG 2008, 2006).

 

Entscheidung

Der BFH sah das anders, hob das FG-Urteil auf und gab der GmbH I recht:

Zwar müsse das umgewandelte Unternehmen "fortgeführt" werden, um in den Genuss des (mittlerweile abgeschafften) Verlustübergangs nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 zu gelangen. Ob "fortführendes" Unternehmen aber das übernehmende oder aber ein drittes Unternehmen sei, sei beliebig; das Gesetz treffe dazu keine subjektive Zuordnung. Darin unterscheide sich § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 von § 8 Abs. 4 KStG 1996, welcher eine vergleichbare Fünfjahresfrist bestimme, die sich dort aber ausdrücklich auf die Fortführung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch "die Körperschaft" beziehe. Dass § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 in anderer Weise formuliert sei, könne vor diesem Hintergrund als Hinweis auf einen abweichenden Gesetzesinhalt verstanden werden.

Es schade auch nicht, dass die im Übertragungsjahr aufgelaufenen Verluste unmittelbar bei der übernehmenden Gesellschaft verrechnet würden; das sei vom BFH im Urteil vom 31.05.2005, I R 68/03 (BFH/PR 2005, 349) bereits vorentschieden.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft den Übergang von Verlusten der übergehenden Gesellschaft auf die empfangende Gesellschaft im Fall einer Verschmelzung. Diese richtete sich nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995. Mit Verabschiedung des SEStEG im Zug der Europäisierung des Umwandlungsrechts wurde dieser Verlustübergang per 01.01.2008 ersatzlos abgeschafft.

1. Nach jener früheren Rechtslage trat die übernehmende Körperschaft bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs i.S.d.  § 10d Abs. 3 S. 2 EStG in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft unter der Voraussetzung ein, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden 5 Jahren fortgeführt wird.

2. Der BFH stellt dazu klar, dass ein verbleibender Verlustvortrag hiernach auch dann auf die übernehmende Körperschaft übergeht, wenn nicht diese, sondern ein anderes Unternehmen – etwa nach einem Anteilsverkauf – den Verlustbetrieb fortführt. Ein dem entgegenstehender personalistischer Vorbehalt lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

3. Durch Urteil vom 31.05.2005, I R 68/03 (BFH/NV 2005, 1462, BFH/PR 2005, 349) hatte der BFH entschieden, dass bei Verschmelzung von Körperschaften ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener (laufender) Verlust mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft des Übertragungsjahrs verrechnet werden kann, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 erfüllt sind. Der Verlust der übertragenden Körperschaft aus dem Übertragungsjahr ist danach nicht Bestandteil des nach § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 verbleibenden Verlustabzugs i.S.d. § 10d Abs. 3 S. 2 EStG 1990.

Diese Auffassung des BFH geriet alsbald in schwere (und vielleicht auch berechtigte) Kritik. Selbst von Seiten der Beraterschaft wurde die "Dialektik" des Urteils – ein Umkehrschluss (nur) für den Verlustübergang aus § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995 – infrage gestellt, weil ...

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