7.11.1 Allgemeines Verrechnungsverbot

Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, da für die Besteuerung der Kapitaleinkünfte der gesonderte Einkommensteuersatz von 25 % Anwendung findet. Sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus Kapitalvermögen erzielt.[1] § 10d Abs. 4 EStG findet analog Anwendung. Auch hier gibt es einen besonderen Verrechnungskreis. Da in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nur § 10d Abs. 4 EStG (= Feststellungsverfahren) für sinngemäß anwendbar erklärt wird, nicht jedoch die übrigen Regelungen des § 10d EStG, ist kein Verlustrücktrag zulässig. Auch die Beschränkung des § 10d Abs. 2 EStG beim Verlustvortrag ist nicht anzuwenden. Die Verluste sind in den folgenden VZ also unbeschränkt vortragsfähig und von positiven Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar.

Verluste aus Knock-out-Zertifikaten sind anzuerkennen. Kommt es bei solchen Zertifikaten zum Eintritt des Knock-out-Ereignisses, können die Anschaffungskosten der Zertifikate nach der ab 1.1.2009 geltenden Rechtslage im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden, ohne dass es auf die Einordnung als Termingeschäft ankommt.[2]

Auch der insolvenzbedingte Ausfall einer privaten Darlehensforderung kann im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgleichsfähig sein.[3]

Der Verlust aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf Null samt eines Bezugsrechtsausschlusses für die anschließende Kapitalerhöhung auf der Grundlage eines Insolvenzplans ist als Aktienveräußerungsverlust steuerbar. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG sind entsprechend anwendbar.[4]

Die Zwischenschaltung einer vom Steuerpflichtigen beherrschten Kapitalgesellschaft in die Veräußerung von Anleihemänteln zum Zweck der Verlagerung der aus der Veräußerung erzielten Verluste in den Anwendungsbereich der dem allgemeinen Steuertarif unterliegenden Einkünfte stellt keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO dar.[5]

 
Hinweis

Gesetzesergänzung durch das Jahressteuergesetz 2022

Verlustausgleich bei Zusammenveranlagung

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ab dem VZ 2022 um die Regelung ergänzt, dass im Fall von zusammenveranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern ein gemeinsamer Verlustausgleich vor der Verlustfeststellung zu erfolgen hat. Ohne diese klarstellende Ergänzung war nach Rechtsprechung des BFH kein ehegattenübergreifender Ausgleich nicht ausgeglichener Verluste des einen Ehegatten mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zulässig.[6]

[6] Jahressteuergesetz 2022 – JStG 2022 – v. 16.12.2022, BGBl 2022 I S. 2.294, Art. 1 Nr. 7; Gesetzentwurf der Bundesregierung "Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022)", BT-Drucks. 20/3879 v. 10.10.2022, S. 80 f., Begründung B. Besonderer Teil, Zu Artikel 1, Zu Nr. 1, Zu Buchstabe b, Zu Nr. 3,

BFH, Urteil v. 23.11.2021, VIII R 22/18, BStBl 2023 II S. 68.

7.11.2 Veräußerung von Aktien

Verluste aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (= Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Das allgemeine Verrechnungsverbot nach § 20 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStG gilt dabei entsprechend.[1] Eine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Auch steht es grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert.[2]

Nicht ausgleichbare Verluste mindern die positiven Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus solchen Veräußerungen erzielt. Auch hier ist § 10d Abs. 4 EStG sinngemäß anzuwenden. Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung i. S. d. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt.[3] Bei Ausstellung einer solchen Bescheinigung entfällt ein Verlustübertrag im Rahmen der Erhebung der Kapitalertragsteuer. Dadurch wird vermieden, dass der Verlust doppelt abgezogen wird.[4]

 
Hinweis

Steuerbarkeit des insolvenzbedingten Untergangs von Aktien

Mit Urteil v. 17.11.2020[5] ...

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