Zusammenfassung

 
Überblick

Beim Übergang mittelständischer Unternehmen von Todes wegen oder durch Schenkung müssen die Erwerber häufig die Erbschaft- und Schenkungsteuer aus dem erworbenen Unternehmensvermögen begleichen. Das könnte zu einem Abfluss von Eigenkapital führen und damit zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit. Das seit 1.1.2009 geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sieht jedoch die weitgehende Freistellung des Unternehmensvermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer vor unter der Bedingung, dass der Erwerber das Unternehmen 5 bzw. 7 Jahre fortführt und insbesondere die Arbeitsplätze erhält. Durch das Gesetz v. 4.11.2016[1] wurde mit Wirkung vom 1.7.2016 die Verschonung unternehmerischen Vermögens an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[2] angepasst.

Dieser Beitrag stellt das derzeit geltende ErbStG dar.[3]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Rechtsgrundlage ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)[4] und das Bewertungsgesetz (BewG).[5] Zur einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts sowie des dazu benötigten Bewertungsrechts hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) herausgegeben[6]. Die ErbStR 2019 werden ergänzt durch amtliche Hinweise (ErbStH 2019), die auch zahlreiche Rechenbeispiele enthalten.[7]

[1] Gesetz v. 4.11.2016, BGBl 2016 I S. 2464.
[3] Einzelheiten: Moench/Weinmann, Kommentar zum ErbStG mit BewG, Haufe 2023.
[4] ErbStG i. d. F. der Bekanntmachung v. 27.2.1997, BGBl 1997 I S. 378, BStBl 1997 I S. 298; zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2947.
[5] BewG i. d. F. der Bekanntmachung v. 1.2.1991, BGBl 1991 I S. 230, BStBl 1991 I S. 168; zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.12.2022, BGBl 2022 I S. 2294
[6] ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl 2019 I, Sondernummer 1/2019 S. 2.

1 Steuerpflicht bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Die Erbschaftsteuer erfasst im Gesetz abschließend aufgezählte Erwerbe von Todes wegen (§ 3 ErbStG). Sie wird ergänzt durch die Schenkungsteuer, die bei Schenkungen unter Lebenden (§ 7 ErbStG) anfällt und weitgehend nach denselben Regelungen berechnet wird. Hierzu gehört auch die sog. vorweggenommene Erbfolge.

Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn entweder der Erblasser/Schenker oder der Erwerber ein Inländer ist. Als Inländer gelten alle Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Deren Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle.

Bei unbeschränkter Steuerpflicht kommt es auf die Belegenheit des zugewendeten Vermögens im In- oder Ausland nicht an. Deshalb unterliegt dann z. B. auch die Zuwendung von Anteilen an einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft der Besteuerung.

Ist keiner der Beteiligten Inländer, umfasst die beschränkte Steuerpflicht das zugewendete Inlandsvermögen.[1] Zum Inlandsvermögen gehören insbesondere land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen im Inland, aber auch z. B. Beteiligungen von mind. 10 % an inländischen Kapitalgesellschaften.[2]

1.1 Bemessungsgrundlage ist der steuerpflichtige Erwerb

Der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt der steuerpflichtige Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG). Dieser lässt sich schematisch wie folgt ermitteln[1]:

 
übergegangenes Vermögen
sachliche Steuerbefreiungen
Nachlassverbindlichkeiten, soweit abzugsfähig
= Bereicherung des Erwerbers
persönliche Steuerfreibeträge
= Zwischensumme
Abrundung auf volle 100 EUR
= steuerpflichtiger Erwerb

Für die Schenkungsteuer gilt das entsprechend. An die Stelle der Nachlassverbindlichkeiten treten hier die vom Beschenkten zu erbringenden Gegenleistungen sowie dem Beschenkten auferlegte Auflagen.

[1] Weitere Einzelheiten vgl. R E 10.1 ErbStR 2019.

1.2 Bewertungsmaßstab gemeiner Wert

Das auf den Erwerber übergegangene Vermögen ist auf den Todestag bzw. den Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung zu bewerten. Die Bewertung orientiert sich durchgängig am gemeinen Wert des Vermögensgegenstands (§ 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 9 BewG). Dieser entspricht regelmäßig dem Verkehrswert. Für bestimmtes inländisches Vermögen gibt das BewG typisierende Bewertungsverfahren vor, mit deren Hilfe der gemeine Wert zu ermitteln ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:

  • Grundstücke und Betriebsgrundstücke: Grundstückswert, der im Bedarfsfall auf den Besteuerungszeitpunkt festgestellt wird.[1]
  • Land- und forstwirtschaftliches Vermögen: Grundbesitzwert, der im Bedarfsfall auf den Besteuerungszeitpunkt festgestellt wird.[2]
  • Börsennotierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft: Die Bewertung erfolgt mit dem aktuellen Börsenkurs, ggf. erhöht um einen Paketzuschlag.[3]
  • Nicht notierten Anteile an einer Kapitalgesellschaft, z. B. an einer GmbH: Der gemeine Wert ist aus zeitnahen Verkäufen zwischen fremden Dritten abzuleiten. Liegen solche nicht vor, ist der Anteil in ei...

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