3.4.2.1 Einzelunternehmer

 

Rz. 27

Einzelunternehmer dürfen nur ihre Betriebsschulden, also nicht auch ihre Privatschulden, bilanzieren.[1] Voraussetzung für die Bilanzierung einer Verbindlichkeit ist also die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen (objektiv wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb).[2]

 

Rz. 28

Die Frage, ob eine Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Daher gibt es bei Verbindlichkeiten grundsätzlich kein gewillkürtes Betriebsvermögen.

Verbindlichkeiten gehören zum Betriebsvermögen, wenn sie mit dem Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen oder zu dem Zweck übernommen wurden, dem Betrieb Mittel zuzuführen. Die Zuordnung einer Verbindlichkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen hängt daher von dem Anlass ihrer Entstehung ab. Eine Verbindlichkeit ist dann betrieblich veranlasst, wenn der sie auslösende Vorgang im betrieblichen Bereich liegt.[3] Sie rechnet auch dann zum Betriebsvermögen, wenn die Kreditaufnahme erforderlich geworden ist, weil dem Betrieb für private Zwecke Mittel entnommen worden sind.[4] Betrieblich veranlasst ist auch ein Darlehen, das ein Miterbe aufnimmt, um Ausgleichszahlungen an einen anderen Miterben gegen Überlassung eines zum Nachlass gehörenden Kommanditanteils leisten zu können.[5]

 

Rz. 29

Wird zur Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine Verbindlichkeit aufgenommen, so rechnet diese Verbindlichkeit zum notwendigen Betriebsvermögen und ist daher zu bilanzieren. Wird der Anlagegegenstand entnommen, so wird die zur Finanzierung des Wirtschaftsguts aufgenommene betriebliche Verbindlichkeit zu einer privaten Verbindlichkeit.[6]

Wird umgekehrt ein im privaten Bereich fremdfinanzierter Anlagegegenstand in das Betriebsvermögen eingelegt, so wird die private Verbindlichkeit zu einer betrieblichen Verbindlichkeit. Sie muss daher bilanziert werden.[7]

 

Rz. 30

Wird ein betrieblich genutztes, fremdfinanziertes Wirtschaftsgut veräußert oder scheidet es aus anderen Gründen aus dem Betriebsvermögen aus, wird die zur Finanzierung des Wirtschaftsguts aufgenommene Verbindlichkeit insoweit zu einer privaten Verbindlichkeit, als der Veräußerungserlös oder eine andere für das Ausscheiden des Wirtschaftsguts erhaltene Leistung entnommen wird.[8]

3.4.2.2 Personengesellschaften

 

Rz. 31

Für die Passivierung einer Verbindlichkeit in der Steuerbilanz einer Personengesellschaft reicht abweichend von der Handelsbilanz die Zugehörigkeit zum Gesamthandsvermögen nicht aus. Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz hat ihre Grenze dort, wo steuerliche Besonderheiten das erfordern. Besonderheiten ergeben sich aus dem einkommensteuerrechtlichen Begriff "Betriebsvermögen". Hiernach gehört eine Schuld nicht zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft, wenn ihre Übernahme nicht betrieblich veranlasst war. Das ist der Fall, wenn es nach Lage des Falls als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass die Gesellschaft die Verbindlichkeit auch zugunsten eines Fremden übernommen hätte.[1]

Die Darlehensforderung in Rz. 25 ist handelsrechtlich Gesellschaftsvermögen. Da die Hingabe des Darlehens zinslos und ungesichert geschah, war sie wirtschaftlich ungewöhnlich, aus dem Gesellschaftsverhältnis erklärbar und daher privat veranlasst. Die Forderung gehört daher steuerrechtlich zum Privatvermögen. Es ist deshalb eine Entnahme zu buchen, die allen Gesellschaftern anteilig unter Minderung ihrer Kapitalkonten zuzurechnen ist. Wird die Darlehensforderung uneinbringlich, so kann die Gesellschaft weder eine Teilwertabschreibung noch können beim Ausscheiden des Schuldners aus der Gesellschaft die verbleibenden Gesellschafter einen steuerlichen Verlust geltend machen.[2]

3.4.2.3 Kapitalgesellschaft

 

Rz. 32

Wie handelsrechtlich sind auch steuerrechtlich alle Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft zuzurechnen, die in ihrem Namen begründet worden sind.[1] Negative Betriebsergebnisse aus aufgrund der Verbindlichkeiten erworbenen sogenannten "Liebhaberei-Objekten" können aber von der Finanzverwaltung und der Finanzrechtsprechung unberücksichtigt bleiben oder sogar als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden.[2]

[2] Justenhoven/Meyer, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 246 Rz. 103.

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