Leitsatz

Das FG Münster entschied, dass ein Kaufpreisanteil für eine aufwändig geschaffene Gartenanlage nicht in den Betriebsaufgabegewinn eines Architekten einfließt. Das Gericht stufte den Garten als selbstständiges Wirtschaftsgut ein.

 

Sachverhalt

Ein Architekt hatte im Jahr 1995 ein denkmalgeschütztes ehemaliges Klostergebäude erworben und anschließend umfassend renovieren lassen. Das Gebäude (Gesamtwohnfläche von 339,76 qm) war anschießend als Einfamilienhaus mit Architekturbüro und Mietwohnung genutzt worden. Die Büroräume (22 % der Gesamtwohnfläche) befanden sich im Dachgeschoss des Gebäudes und waren dem Betriebsvermögen des Architekten zugeordnet. Nach dem Erwerb des Gebäudes hatte der Architekt eine aufwändige Gartenanlage anlegen lassen. Unter anderem hatte er die Gartenfläche bis zu einer Tiefe von 120 cm komplett auskoffern lassen und teure Gewächse (z. B. eine Säuleneiche) eingepflanzt. Der Garten war rein privat genutzt worden und von den Büroflächen aus nicht direkt zugänglich. Im Jahr 2014 veräußerte der Architekt das bebaute Grundstück zu einem Preis von 850.000 EUR. Laut notariellem Kaufvertrag entfielen davon 70.000 EUR auf den Grund und Boden und 100.000 EUR auf die Gartenanlage. Im Zuge einer Betriebsaufgabe ermittelte der Architekt einen Aufgabegewinn und berücksichtigte dabei einen Veräußerungspreis für die Büroflächen von 165.000 EUR (22 % von 750.000 EUR). Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, dass auch der Kaufpreisanteil für die Gartenanlage einbezogen werden muss.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass der Kaufpreisanteil für die Gartenanlage nicht in den Veräußerungspreis für die Bürofläche einfließen muss.

Die zu einem Wohngebäude gehörende Gartenanlage ist ein selbständiges Wirtschaftsgut, das nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl vom Grund und Boden als auch vom Gebäude zu trennen ist. Gebäude, Grund und Boden sowie die Gartenanlage bilden zwar zivilrechtlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand, jedoch einkommensteuerrechtlich unterschiedliche Wirtschaftsgüter. Die Gartenanlage ist ein selbstständiges Wirtschaftsgut, das sowohl von dem "nackten" Grund und Boden als auch von dem Gebäude zu unterscheiden ist. Im vorliegenden Fall berücksichtigte das FG, dass der Garten besondere Gestaltungselemente aufgewiesen hatte, aufwendig hergestellt und nach dem Kauf umfangreich umgestaltet worden war, sodass er sich eindeutig von einem einfach gestalteten Garten abgrenzen ließ. Es war ferner kein Nutzungs- und Funktionszusammenhang zur Bürofläche gegeben (keine direkte Zugangsmöglichkeit).

Wird in einem Kaufvertrag eine entsprechende Kaufpreisaufteilung vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen. Vorgenommene Kaufpreisaufteilungen sind zwar nicht bindend, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs gegeben sind. Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Die von den Parteien getroffene Kaufpreisaufteilung war auch nicht zu korrigieren, da das Ergebnis nach Gerichtsmeinung nicht die realen Wertverhältnisse verfehlte und wirtschaftlich haltbar erschien.

 

Hinweis

Die Abspaltung eines Kaufpreisanteils für eine Gartenanlage wird für steuerliche Zwecke nur bei aufwändig angelegten Gärten funktionieren. Bei eher einfach gestalteten Außenbereichen dürfte es schwer sein, einen Wert für ein gesondertes Wirtschaftsgut "Gartenanlage" herzuleiten und durchzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 18.10.2022, 2 K 3203/19 E

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