Rz. 690

Der Gesellschaftsvertrag kann persönliche Eignungsvoraussetzungen für Geschäftsführungsmitglieder vorsehen. Handelt es sich um mitbestimmte Gesellschaften, so sind derartige Satzungsregelungen nur dann zulässig, wenn der Aufsichtsrat dadurch nicht in der Auswahl unter geeigneten Personen unangemessen eingeschränkt wird.[1]

Als zulässig werden beispielsweise satzungsmäßige Qualifikationserfordernisse wie etwa berufliche Qualifikation, inländischer Wohnsitz, die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis, Auslandserfahrungen, eine bestimmte Beteiligungsquote[2] angesehen. Im Fall einer mitbestimmten GmbH erscheint dies jedoch bezüglich der Familienangehörigkeit und Gesellschaftereigenschaft dann als problematisch, wenn die Gesellschaft nur einen beschränkten Gesellschafterkreis hat, sodass dann der Aufsichtsrat nur noch unter wenigen Personen auswählen könnte.

 

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Des Weiteren sind auch bei statutarischen Bestellungsvoraussetzungen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. Hiernach ist eine auf die Rasse, ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder die Weltanschauung und/oder eine Behinderung, das Alter[3] oder die sexuelle Identität abstellende "Qualifikations-" Anforderung unzulässig[4]: Verstößt das Bestellorgan bei Auswahl unter verschiedenen Kandidaten für ein Geschäftsführungsamt gegen die Diskriminierungsverbote des § 1 AGG, hat dies nach der BGH-Rechtsprechung[5] die Nichtigkeit auch der Geschäftsführerbestellung zur Folge.

 

Rz. 691

Nach zuvor herrschender Auffassung[6] betrafen Verstöße bei der Geschäftsführerbestellung gegen die Diskriminierungsverbote des § 1 AGG nicht die Organebene, sondern nur das Anstellungsverhältnis, denn Schutzzweck des AGG sei es, dem abgelehnten Bewerber eine Kompensation für die Diskriminierung, nicht jedoch einen Anspruch auf die zu besetzende Position zu geben.[7] Dem stimmt der BGH nicht zu: Dass AGG sei gerade auch auf die Bestellung anzuwenden, da zwar die Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers regelmäßig erst im Anstellungsvertrag begründet würden, es aber zunächst einer Bestellung bedürfe, um diesen Anstellungsvertrag durchzuführen.[8]

Über unzulässige oder unangemessen einschränkende Qualifikationsanforderungen des Gesellschaftsvertrags darf sich das zuständige Bestellungsorgan hinwegsetzen.[9]

[1] Diekmann, in MüHaGesR, Band 3, § 42 Rn. 14.
[2] Vgl. Aufzählung bei Goette, in MüKo-GmbHG, § 6 Rn. 40.
[3] BGH, Urteil v. 26.3.2019, II ZR 244/17, BeckRS 2019 S. 8075.
[4] Wisskirchen/Kuhn, in BeckOK-GmbHG, § 6 Rn. 33; BGH, Urteil v. 23.4.2012, II ZR 163/10, NJW 2012 S. 2346 ff.: Der Geschäftsführer einer GmbH fällt in den Schutzbereich des AGG. Im konkreten Fall hat der BGH einem ehemaligen GmbH Geschäftsführer Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung zugesprochen: Der Geschäftsführer war im Alter von 62 Jahren durch einen 41-Jährigen ersetzt worden.
[6] Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 2. Aufl., § 6 Rn. 27; Bauer/Arnold, ZIP 2008, S. 993, 997.
[7] Goette, in MüKo-GmbHG, § 6 Rn. 43.
[8] BGH, Urteil v. 23.4.2012, II ZR163/10, GmbHR 2012 S. 845, 846.
[9] Oetker, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG, § 6 Rn. 36 a. E. (Die Bestimmungen sind rechtsunwirksam).

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