4.1 Ausscheiden eines Miterben aus der Erbengemeinschaft

Scheidet ein Miterbe aus einer Erbengemeinschaft aus[1], wächst zivilrechtlich sein Anteil am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft dem oder den verbleibenden Miterben zu.[2] Das Ausscheiden kann entgeltlich oder unentgeltlich geschehen. Die Anwachsung ist demzufolge ein Unterfall der Veräußerung oder Schenkung. Scheidet ein Miterbe ohne Abfindung aus der Erbengemeinschaft aus, finden die Grundsätze über die Schenkung eines Erbteils Anwendung.[3] Die verbliebenen Miterben müssen nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG die Buchwerte fortführen.

Wird ein Nachlass, der nur aus einem oder mehreren Betrieben besteht, dagegen in der Weise auseinandergesetzt, dass alle Miterben bis auf einen aus der Erbengemeinschaft gegen Zahlung einer Abfindung in Geld ausscheiden und der verbleibende Miterbe den Betrieb allein fortführt, hat dies die gleichen Folgen wie das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft.[4] Die weichenden Miterben veräußern gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ihre Mitunternehmeranteile.[5] Der übernehmende Miterbe hat Anschaffungskosten in Höhe der Abfindung und erwirbt im Übrigen in Höhe seiner Erbquote unentgeltlich.[6]

 
Praxis-Beispiel

Miterbe wird abgefunden

Zum Nachlass des verstorbenen Einzelkaufmanns V gehört ein gewerbliches Einzelunternehmen (Buchwert: 50.000 EUR, gemeiner Wert: 300.000 EUR). Erben sind seine Kinder S und T zu je ½. T scheidet gegen eine Abfindung von 150.000 EUR aus der Erbengemeinschaft aus, der Betrieb wird von S fortgeführt.

T erzielt aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn von 125.000 EUR (Abfindung 150.000 EUR ./. ½ Kapitalkonto von 50.000 EUR = 25.000 EUR). S hat den Gewerbebetrieb zu ½ unentgeltlich und zu ½ entgeltlich mit Anschaffungskosten von 150.000 EUR erworben. Er muss die Hälfte des Kapitalkontos des V (25.000 EUR) nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG unverändert fortführen. Außerdem muss er die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter um 125.000 EUR aufstocken, weil er mit seiner Abfindung von 150.000 EUR das anteilige Kapitalkonto von T in Höhe von 25.000 EUR und die auf T entfallenden stillen Reserven von 125.000 EUR erworben hat.

4.2 Nachlassteilung ohne Ausgleichszahlungen

4.2.1 Zum Nachlass gehören mehrere Betriebe

Besteht der Nachlass aus mehreren Einzelunternehmen, z. B. einem Gewerbebetrieb und einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder 2 Gewerbebetrieben, und werden diese Betriebe bei der Erbauseinandersetzung jeweils einzelnen Miterben ohne Zahlung eines Ausgleichs zugeteilt und von ihnen fortgeführt, müssen die Miterben zwingend die Buchwerte des von ihnen übernommenen Betriebs fortführen.[1] Die Realteilung ohne zusätzliche Ausgleichszahlung wird nicht als Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft angesehen.[2] Ein Wahlrecht, die stillen Reserven aufzudecken, besteht nicht.[3]

 
Hinweis

Realteilung durch Übertragung von Teilbetrieben

Erfolgt die Realteilung des betrieblichen Nachlasses durch Übertragung von Teilbetrieben, können diese Teilbetriebe anschließend im Rahmen einer Betriebsverpachtung im Ganzen verpachtet werden.[4]  Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Wege der Realteilung mit Einzelwirtschaftsgütern geteilt, kann das Verpächterwahlrecht nach der Realteilung erstmalig begründet oder fortgeführt werden, wenn die erhaltenen Wirtschaftsgüter bei dem Realteiler nach der Realteilung einen selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb darstellen.[5]

4.2.2 Zum Nachlass gehört nur ein Einzelunternehmen

Ist Gegenstand der Realteilung ein einzelner Betrieb und teilen die Erben die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Rahmen der Erbauseinandersetzung ohne Ausgleichszahlung real untereinander auf, erwerben die Miterben zwar auch unentgeltlich. Die Realteilung führt aber zu einer Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG, wenn die Miterben die ihnen zugeteilten (zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörenden) Wirtschaftsgüter in ihr Privatvermögen überführen.[1] Der Aufgabegewinn ist tarifbegünstigt.

Werden die Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen der einzelnen Miterben über...

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