In der Literatur finden sich zahlreiche allgemeine Grundsätze zur Durchführung einer Unternehmensbewertung. In der Bewertungspraxis haben sich jedoch die im IDW S1[1] dargestellten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen als Orientierungsstandard etabliert, auch wenn deren Einhaltung vorrangig nur für Wirtschaftsprüfer verbindlich ist. Mithilfe dieser Grundsätze verfolgt das IDW das primäre Ziel, die Bewertungen zu standardisieren und darüber hinaus die Nachvollziehbarkeit der Bewertungen zu erhöhen.

Aktuell werden im IDW S1 7 Grundsätze unterschieden:

  1. Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks

    Eine Bewertung folgt dem Zweck. Demnach gibt es nicht "den" richtigen Unternehmenswert, vielmehr ist ein "richtiger Unternehmenswert" ein zweckadäquater Unternehmenswert. Entsprechend dem jeweiligen Bewertungszweck werden die zugehörigen Annahmen und Typisierungen eingebracht, um dann daraus einen sachgerechten Unternehmenswert berechnen zu können.

  2. Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit

    Der Wert eines Unternehmens ermittelt sich nicht nach der Summe seiner einzelnen Bestandteile (materielles und immaterielles Vermögen sowie Schulden), sondern durch das Zusammenspiel aller wertbeeinflussenden Faktoren, die einen Einfluss auf die zukünftigen finanziellen Überschüsse und Erträge haben. Hierunter können u. a. vorhandene Beschaffungs- und Absatzmärkte, Humankapital (e. g. Erfahrung und Fähigkeit des Managements), Aufbau- und Ablauforganisation etc. fallen.

  3. Stichtagsprinzip

    Eine Unternehmensbewertung erfolgt regelmäßig zeitpunktbezogen zum Bewertungsstichtag. Für die Berechnung der Steuerbelastung der zugrunde gelegten Erträge ist das am Bewertungsstichtag geltende Steuerrecht bzw. die für die Zukunft geltende und vom Gesetzgeber bereits beschlossene und verkündete gesetzliche Regelung maßgebend.

  4. Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens (künftige finanzielle Überschüsse)

    Grundlage für die Bewertung stellt die Betrachtung der prognostizierten Zahlungsströme (Cashflow, Erträge) an den Investor dar. Wichtig ist hierbei, dass diese Zahlungsströme auch in den Verfügungsbereich des Investors gelangen können. Insbesondere gesellschaftsrechtliche Ausschüttungsregelungen und auch die Finanzierung der Ausschüttung sind hierbei genau zu analysieren. In die Berechnung des Unternehmenswerts dürfen nur die Nettoeinnahmen aufgenommen werden, die dem Investor tatsächlich zufließen und ihm zu seiner freien Verfügung stehen. Demnach sind auch die Ertragsteuern des Unternehmens (Unternehmensebene) und die persönlichen Ertragsteuern des Investors aufgrund seiner Beteiligung am Unternehmen (Unternehmerebene) zu berücksichtigen.

  5. Gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens

    Beim Unternehmensvermögen ist zwischen betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Vermögen zu differenzieren. Wenn materielles oder immaterielles Vermögen aus dem Unternehmen herausgenommen werden kann, ohne dass davon die Funktionalität des Unternehmens berührt wird, liegt nichtbetriebsnotwendiges Vermögen vor. Bei der Bewertung des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens ist dessen Beibehalten im Unternehmen mit der Liquidation des Vermögens zu vergleichen. Häufig ergibt sich die Vorteilhaftigkeit einer Liquidation. Bei der Bewertung müssen dann die Kosten der Liquidation, die ertragsteuerliche Belastung auf der Unternehmensebene und die Ausgaben für die Ablösung etwaiger zugehöriger Verbindlichkeiten vom Liquidationserlös abgezogen werden.

  6. Unbeachtlichkeit des bilanziellen Vorsichtsprinzips

    Eine ungewisse künftige Entwicklung darf nicht durch handelsrechtliche Bilanzierungsprinzipen einseitig Einfluss auf den Unternehmenswert ausüben. Eine Anwendung des Vorsichtsprinzips würde sich zugunsten des Gläubigerschutzes auswirken und somit die für die Bewertung zugrunde gelegte Ausschüttungspolitik konterkarieren. Es müsste eine Kapitalerhaltung durch Ausschüttungssperren bei der Bewertung berücksichtigt werden, was zu einer Veränderung bzw. Reduzierung der frei verfügbaren und zugeflossenen Nettoeinnahmen führen würde. Das Risiko des Investors muss aber weiterhin bei der Berechnung berücksichtigt werden.

  7. Nachvollziehbarkeit der Bewertungsansätze

    Die Vielzahl der für die Unternehmensbewertung getroffenen Annahmen hat wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis. Die Berichterstattung muss deshalb transparent und klar gestaltet sein. Es muss ersichtlich sein, welche grundlegenden Annahmen der Bewertung als Basis dienen und wer (Wirtschaftsprüfer, Management, Sachverständiger etc.) diese getroffen hat.

[1] IDW, 2008, Rn. 17–67.

2.1 Grundsätzlicher Ablauf einer Unternehmensbewertung

Der Prozess der Unternehmensbewertung besteht aus mehreren Einzelschritten, die aufeinander aufbauen (vgl. Abb. 2). Im Folgenden soll der grobe Ablauf einer Unternehmensbewertung beschrieben werden.

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