Leitsatz

1. Ein eigen genutztes Wohnhaus ist ebenso wie ein Angehörigen überlassenes Wohnhaus als Vermögen des Unterhaltsempfängers mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen (entgegen R 33a.1 EStR).

2. Der Wert des Vermögens einer unterhaltenen Person ist i.d.R. bis zu einem Wert von 15 500 EUR gering; diese Wertgrenze ist bei Zahlungen ins Ausland entsprechend der sog. Ländergruppeneinteilung an die Verhältnisse des Wohnsitzstaats der unterhaltenen Person anzupassen.

3. Leben mehrere Unterhaltsempfänger zusammen, ist eine Aufteilung einheitlicher Unterhaltszahlungen nur möglich, wenn diese gewissermaßen "aus einem Topf" wirtschaften.

 

Normenkette

§ 33a Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die 2005 zusammen veranlagten Eheleute K zahlten 7 350 EUR an die in der Türkei lebenden Eltern der Frau und begehrten die Berücksichtigung dieser Zahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG. Ausweislich einer von türkischen Behörden ausgestellten Bescheinigung waren die Eltern nicht berufstätig und ohne eigene Einkünfte und Vermögen. Vor dem FG wurden diese Angaben dahin berichtigt, dass der Vater der Frau eine Rente i.H.v. 220 EUR monatlich bezieht und Eigentümer von zwei Häusern mit jeweils einer Wohnfläche von etwa 45 qm ist; im einen wohnen die Eltern selbst, im anderen in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen wohnt unentgeltlich der Bruder der Klägerin samt Familie. Zwei Schwestern jeweils mit Familien wohnen in derselben Gemeinde, aber nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Eltern. Das FA ließ die Zahlungen unberücksichtigt. Die Klage war teilweise erfolgreich (FG Köln, Urteil vom 20.05.2008, 6 K 1156/07, Haufe-Index 2197581, EFG 2009, 1565).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache aus den unter Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen an das FG zurück, das nun anhand der neuen Rechtsgrundsätze den Sachverhalt weiter aufzuklären und die Abzugsfähigkeit der Zahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG dann erneut zu prüfen haben wird.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall führt die Entscheidungen vom 05.05.2010 (VI R 29/09, BFH/NV 2010, 1897, BFH/PR 2010, 427; VI R 40/09, BFH/NV 2010, 2158, BFH/PR 2010, 429) fort; dort hatte der VI. Senat die Rechtsprechung dahin geändert, dass sich das Tatbestandmerkmal "gesetzlich unterhaltsberechtigte Person" i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG nach den zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs, nämlich Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit (§§ 1601 bis 1603 BGB) richtet.

1. Die Folge dieser Rechtsprechungsänderung zeigt der Streitfall: Allein der Umstand, dass Leistungen an potenziell unterhaltsberechtigte Personen (hier Eltern) erbracht werden, genügt noch nicht für einen Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG. Entscheidend ist unter anderem die Bedürftigkeit. Die war angesichts der beiden Häuser des Vaters der Klägerin als Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG zweifelhaft. § 33a Abs. 1 S. 3 EStG setzt voraus, dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Damit stellt sich die Frage nach der Bewertung und Wertgrenze. Entscheidend ist der gemeine Wert des Vermögens. Bis zu 15 500 EUR und angepasst an die Verhältnisse des Wohnsitzstaats gilt es (bisher) noch als gering; sie könnte künftig anzupassen sein.

2. Damit ist unter erhöhten Mitwirkungspflichten der K (§ 90 Abs. 2 AO) der Verkehrswert (§ 31 BewG) des eigen genutzten Hauses zu ermitteln. Entsprechendes gilt auch für das vom Sohn unentgeltlich genutzte andere Haus, zumal mit der Überlassung der Unterhaltsempfänger (Vater) seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt hat. Und verfügt nur der Vater der Frau über relevantes Vermögen, ist seine vorrangige Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Frau zu beachten (§ 1608 BGB).

3. Und weil das FG die Zahlungen (7 350 EUR) zu 2/3 den Eltern der Frau und zu 1/3 dem Bruder zugeordnet hatte, verwies der BFH wie im Urteil vom 05.05.2010 (VI R 29/09, BFH/NV 2010, 1897, BFH/PR 2010, 427) auf die Notwendigkeit der Prüfung, ob der Bruder mit seinen Eltern tatsächlich eine Haushaltsgemeinschaft gebildet hatte; auf Grundlage der bisherigen Feststellungen bezweifelte dies der BFH.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.06.2010 – VI R 35/09

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