OFD Frankfurt, 19.7.2005, S 2101 A - 2 - St II 2.03

Realsplitting nach § 1a Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG – Vereinbarkeit des Realsplittings mit EU-Recht (EuGH-Urteil vom 12.7.2005, Rs C-403/03)

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden, unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten sind bis zu 13.805 EUR im Jahr als Sonderausgaben abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Vorschriften für das Realsplitting sind darüber hinaus bei Staatsangehörigen eines EU/EWR-Staats, die nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, anzuwenden, wenn der geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatte seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU/EWR-Staat hat (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Für die Anwendung des Realsplittings nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist zusätzlich Voraussetzung, dass die Besteuerung der Unterhaltszahlungen beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Mit Urteil vom 12.7.2005 hat der EuGH in der Rechtssache „Schempp” (Rs C-403/03) entschieden, dass es nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn ein in Deutschland ansässiger Stpfl. Unterhaltszahlungen an seine in Österreich wohnende geschiedene Ehefrau nicht abziehen kann, während er dazu berechtigt wäre, wenn sie noch in Deutschland leben würde. Hierin liegt keine unzulässige Diskriminierung i.S. von Art. 12 EGV, da die Ungleichbehandlung auf unterschiedlichen steuerlichen Regelungen beruht, die ungeachtet der Staatsangehörigkeit für alle Personen gelten, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat leben.

Dem vom EuGH entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, lebt in Deutschland und ist geschieden. In seinen ESt-Erklärungen machte er Unterhaltszahlungen an seine in Österreich lebende frühere Ehefrau im Rahmen des Realsplittings als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend.

Das FA ließ die Unterhaltszahlungen in den entsprechenden ESt-Bescheiden unberücksichtigt, da die Besteuerung der Zahlungen bei der Ehefrau nicht durch eine Bescheinigung der österreichischen Steuerbehörden nachgewiesen wurde. Im Streitfall konnte der Kläger die entsprechende Bescheinigung nicht vorlegen, da nach österreichischem ESt-Recht die Unterhaltszahlungen bereits dem Grund nach nicht der Besteuerung unterworfen werden.

Ruhende Verfahren sind unter Beachtung des v.g. EuGH-Urteils fortzuführen.

 

Normenkette

EStG § 1a Abs. 1 Nr. 1

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1

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