Leitsatz

1. Ein nach luxemburgischem Recht errichteter Fonds für gemeinsame Anlagen (fonds commun de placement) in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds (fonds d'investissement spécialisé) kann als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes zu qualifizieren sein und mit seinen inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen.

2. Der Ausschluss eines luxemburgischen Spezialimmobilienfonds von der persönlichen Steuerbefreiung des § 11 Abs. 1 Satz 2 des Investmentsteuergesetzes 2004 verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Anschluss an Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union L Fund vom 27.04.2023 – C‐537/20, EU:C:2023:339, ­Internationales Steuerrecht 2023, 355); die Steuerbefreiung ist bei einer Veranlagung mittels geltungserhaltender Reduktion des nationalen Rechts zu gewähren.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 2 Sätze 2 und 4 InvStG 2004, Art. 63 AEUV, § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 KStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein Fonds für gemeinsame Anlagen (FCP) in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds (SIF), der im Jahr 2008 gemäß dem Luxemburgischen Gesetz über spezialisierte Investmentfonds aufgelegt worden ist und der Investmentaufsicht in Luxemburg unterliegt (im Folgenden SIF-FCP). Weder Sitz noch Geschäftsleitung des Klägers befinden sich Deutschland.

Bei einem SIF-FCP handelt es sich um eine ungeteilte Gesamtheit von Vermögensgegenständen, die nach dem Grundsatz der Risikostreuung strukturiert ist und von einer Verwaltungsgesellschaft für Rechnung der Gemeinschaft der Anleger verwaltet wird. Die Haftung der Anleger ist auf ihre Einlage beschränkt und die Rechte der Anleger werden in ihren Anteilen verkörpert. Ein SIF-FCP hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Als spezialisierter Investmentfonds unterliegt der Kläger in Luxemburg keiner Ertragsbesteuerung. Die von ihm vorgenommenen Ausschüttungen unterliegen in Luxemburg keiner Quellensteuer und werden bei Nichtansässigen nicht besteuert.

Der Kläger wurde ohne Börsennotierung als geschlossener Immobilienfonds zunächst für zehn Jahre (mit Verlängerungsoption um ein Jahr) errichtet.

Bei Beendigung des Klägers werden alle Immobilieninvestitionen, die nicht bereits liquidiert wurden, liquidiert und die Verkaufserlöse werden an die Anteilsinhaber ausgeschüttet. Der Verwaltungsgesellschaft ist es untersagt, das Portfolio insgesamt oder teilweise in Form einer Sachausschüttung an die Anteilsinhaber auszuschütten. Die Anteilsinhaber haben dementsprechend auch keinen Anspruch auf eine Sachausschüttung. Vor Ablauf der Vertragslaufzeit des Klägers ist ein Rücknahmeverlangen der Anteilsinhaber unzulässig. Insoweit liegt eine Abweichung zum Luxemburgischen Gesetz über spezialisierte Investmentfonds vor, nach dem grundsätzlich eine Anteilsrückgabe möglich ist. Der Kläger hat zwei institutionelle Anleger, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben. Verwaltet wird der Fonds durch eine Managementgesellschaft, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Luxemburg. Zweck der Managementgesellschaft ist die Einrichtung, Verwaltung und Leitung des Fonds.

Die Managementgesellschaft erwarb 2008 im eigenen Namen, jedoch handelnd als Verwaltungsgesellschaft für Rechnung des Klägers, ein Immobilienportfolio. Im Einzelnen handelt es sich um 1 241 Immobilien aus dem Vermögen der A-AG, die nach dem Erwerb vermietet und später teilweise verkauft wurden. Die Investitionsobjekte verteilen sich auf das gesamte Bundesgebiet.

Aus der Vermietung – sowie der Veräußerung einzelner – der vorgenannten Immobilien erzielte der Kläger in den Jahren 2008 bis 2010 (Streitjahre) Einkünfte. Im Herbst 2010 tätigte der Kläger die ersten Ausschüttungen. In den nicht den Streitzeitraum betreffenden Folgejahren erfolgten weitere Ausschüttungen.

Im Juli 2013 reichte der Kläger KSt-Erklärungen für die streitigen VZ 2008 bis 2010 unter Berücksichtigung einer beschränkten KSt-Pflicht ein. Zugleich wies er jedoch darauf hin, dass er nach seiner Rechtsauffassung nicht der deutschen KSt-Pflicht unterliege.

Das FA ging dagegen von der beschränkten KSt-Pflicht aus und setzte KSt fest.

Das daraufhin angerufene FG bestätigte in seinem klageabweisenden Urteil die finanzbehördliche Rechtsauffassung im Wesentlichen (FG Münster, Urteil vom 20.4.2017, 10 K 3059/14 K, Haufe-Index 10964545, EFG 2017, 1110).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des klagenden Fonds nach Durchführung eines Vorabentscheidungsersuchens vollumfänglich statt. Zur Begründung kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.

 

Hinweis

1. In der Besprechungsentscheidung geht es um die Unionsrechtsmäßigkeit der Fondsbesteuerung, konkret um die Frage, ob die nach dem alten Investmentsteuerrecht inländischen Fonds vorbehaltene Ertragsteuerbefreiung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004) gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.

2. Der BFH hatte in dieser Sache den EuGH angerufen. Dessen Entscheidung L Fund (EuGH, Urteil vom 27.4.202...

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