Gemäß § 8 AO hat jemand dort seinen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.[1] An den Begriff Wohnung sind hierbei keine besonders hohen Anforderungen zu stellen.[2] Ausreichend ist eine objektive Eignung der Unterkunft zum Wohnen.[3] Es reichen deshalb etwa auch Jagdhütten oder Wohnwagen aus, allerdings wird man eine gewisse Mindestgröße und einen Mindeststandard für erforderlich halten müssen.[4]

Von zentraler Bedeutung ist, dass der Inhaber der Wohnung das Recht haben muss, über diese zu verfügen und sie auch nicht nur vorübergehend zu nutzen.[5] Der melderechtliche Vorgang des An- und Abmeldens bei der jeweiligen Meldebehörde hat hierbei zwar Indizcharakter, ist jedoch für sich allein nicht ausreichend, um einen Wohnsitz zu begründen bzw. aufzugeben, auch wenn in Deutschland eine Meldepflicht besteht.[6] Aufgrund welchen Rechtsverhältnisses die Verfügungsgewalt besteht, ist unerheblich, so dass neben Eigentum oder Miete auch ein tatsächliches Innehaben ausreichend ist. Hotelzimmer begründen somit nur in dem eingeschränkten Fall einen Wohnsitz, wenn die Vermietung auf Dauer erfolgt. Nicht ausreichend dürfte allerdings eine Mietdauer sein, die von vornherein auf unter 6 Monate begrenzt ist.[7]

Für die Begründung eines Wohnsitzes ist es nicht erforderlich, dass sich an diesem auch der Mittelpunkt der tatsächlichen Lebensinteressen befindet. Insbesondere kann eine Person auch mehrere Wohnsitze innehaben. Lässt sich allerdings ein Mittelpunkt der tatsächlichen Lebensinteressen fixieren, liegt nahe, dass dort auch ein Wohnsitz besteht. Deshalb sind besondere persönliche Beziehungen ein Indiz dafür, dass sich dort auch ein Wohnsitz befindet.

 
Praxis-Beispiel

Doppelte Ansässigkeit

A wird für 2 Jahre von Hamburg nach Stockholm versetzt, um dort eine Filiale aufzubauen. Seine Familie mit schulpflichtigen Kindern bleibt in Hamburg wohnen. Sie besucht ihn an den Wochenenden einmal im Monat. Einmal im Monat fliegt er nach Hamburg. Hier ist davon auszugehen, dass A zwei Wohnsitze hat, da er in Stockholm eine Wohnung hat und seinen Wohnsitz auch in Hamburg beibehalten hat. Er ist damit in Deutschland und Schweden unbeschränkt steuerpflichtig. Die doppelte Ansässigkeit ist über die Kollisionsregelung des Art. 4 des DBA Deutschland-Schweden, auch als Tie-Breaker-Rule bezeichnet, zu lösen.

[2] AEAO zu § 8 AO, Tz. 3.
[4] Kritisch hierzu Kratzsch, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO; § 8 AO Rz. 5; Lochte, in Frotscher/Geurts, EStG, § 1 EStG Rz. 16.
[6] So schon RGH, RStBl 1933 S. 1075; RStBl 1938 S. 122; ebenso BFH, Urteil v. 14.11.1969, III 95/68, BStBl 1970 II S. 153,

Lochte, in Frotscher/Geurts, EStG, § 1 EStG Rz. 18.

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