Leitsatz

1. Legt der Steuerpflichtige nach Erhebung einer Sprungklage und noch vor dem Ergehen der behördlichen Zustimmungserklärung Einspruch ein, führt dies zur Umwandlung der Sprungklage in einen Einspruch. Es bedarf dazu keiner ausdrücklichen "Umwandlungserklärung".

2. Folge hiervon ist, dass der ursprünglich verfolgte Rechtsbehelf seine Rechtsnatur ändert und eine Klage, über die noch entschieden werden könnte, nicht mehr existent ist.

 

Normenkette

§ 45 Abs. 1 und Abs. 3 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin erhob per Fax in laufender Einspruchsfrist (mehrere Bescheide) "Sprungklage" beim FG. Beim FA bat sie kurze Zeit später um Erteilung der Zustimmung zur Durchführung der Sprungklage.

Alsdann legte sie Einspruch gegen die Bescheide ein. Nachdem das FG dem FA die Klageschrift übersandt hatte, teilte das FA mit, dass es der Sprungklage nicht zustimme; die Klage sei schon wegen kumulativer Einlegung von Einspruch und Sprungklage unzulässig.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab (Thüringer FG, Urteil vom 15.7.2014, 3 K 241/14, Haufe-Index 8145570, EFG 2015, 1005), da die Klägerin von der Sprungklage zum Einspruchsverfahren übergegangen sei.

 

Entscheidung

Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und gab das Verfahren an das FA ab.

 

Hinweis

1. Zu entscheiden war über die Frage, ob eine durch die Klägerin erhobene sog. Sprungklage (§ 45 FGO – Aussparung des behördlichen Vorverfahrens) durch die spätere Einspruchseinlegung unzulässig geworden oder als Einspruch zu behandeln ist. Da der BFH von einer Umwandlung des Rechtsschutzbegehrens ausgeht, erspart dies der Klägerin die Belastung mit Gerichtskosten.

2. Innerhalb der offenen Einspruchsfrist gibt es alternativ zwei Rechtsschutzmöglichkeiten gegen einen belastenden Verwaltungsakt: Einspruch oder Sprungklage. Die Sprungklage verkürzt den Ablauf und "schützt" vor einer sog. Verböserung der Verwaltungsentscheidung im Einspruchsverfahren (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO), bedarf aber der Zustimmung des FA (§ 45 Abs. 1 Satz 1 FGO). Allerdings kann die Sprungklage (auch wenn das FA zugestimmt hat) unter bestimmten Voraussetzungen (s. § 45 Abs. 2 FGO) durch das FG zur Durchführung des Vorverfahrens an das FA abgegeben werden.

3. Eine Sprungklage neben einem bereits zuvor eingelegten Einspruch zum selben Streitgegenstand ist unzulässig und umgekehrt. Allerdings ist die Wahl nicht "unumkehrbar" – z.B. kann von einer Sprungklage zu einem Einspruch gewechselt werden.

Wird nach Erhebung eines Einspruchs innerhalb der noch offenen Rechtsbehelfsfrist eine Sprungklage erhoben, ist die Klageerhebung als Umwandlung des Einspruchs in eine Klage aufzufassen.

Das muss umgekehrt (bis zum Ergehen der Zustimmung des zuständigen FA) auch für den Fall gelten, dass zunächst Sprungklage erhoben und sodann Einspruch eingelegt wird. Insoweit stellt sich die nach der Erhebung der Sprungklage und noch vor dem Ergehen der behördlichen Zustimmungserklärung erfolgende Einlegung eines neben dieser Klage eigentlich unzulässigen Einspruchs als Umwandlung der Sprungklage in einen Einspruch dar; dies muss nicht ausdrücklich erklärt werden.

4. Der ursprüngliche Rechtsbehelf ändert durch diese Umwandlung seine Rechtsnatur. Bei der Umwandlung einer Sprungklage in einen Einspruch ist eine Klage, über die noch entschieden werden könnte, nun nicht mehr existent.

Dann sind aber auch keine Gerichtskosten anzusetzen. Es besteht eine vergleichbare Sachlage zur Situation des § 45 Abs. 3 FGO: Stimmt das FA einer Sprungklage nicht zu oder gibt das FG die Klage nach § 45 Abs. 2 FGO ab, ist das Verfahren so zu behandeln, als sei es von Beginn an nicht i.S.d. § 66 Satz 1 FGO bei Gericht anhängig gewesen, sodass die allgemeine Verfahrensgebühr nicht anfällt (vgl. Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.11.2016 – I R 1/15

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