Kommentar

Führt ein Unternehmer Reiseleistungen aus, gelten unionseinheitlich besondere Regelungen für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung. Nachdem aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland Änderungen in § 25 UStG vorgenommen werden mussten, hat die Finanzverwaltung jetzt die Verwaltungsanweisungen zu den Reiseleistungen vollständig überarbeitet.

Die rechtliche Problematik

Führt ein Unternehmer Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG aus, muss er zwingend die besonderen Rechtsfolgen dazu beachten. Reiseleistungen nach § 25 UStG liegen vor, wenn ein Unternehmer in eigenem Namen Reiseleistungen ausführt und dafür sog. Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Reisevorleistungen sind Leistungen Dritter, die unmittelbar den Reisenden zugutekommen. Nachdem der EuGH[1] die Bundesrepublik Deutschland wegen Vertragsverletzung verurteilt hatte, da Deutschland zum einen die Sonderregelungen nur bei Leistungen gegenüber Nichtunternehmern anwandte und außerdem zuließ, dass die leistenden Unternehmer die Marge für Bündel von Leistungen ermitteln konnten, mussten – mit unterschiedlichen Zeitpunkten des Inkrafttretens – gesetzliche Änderungen vorgenommen werden.

Reiseleistungen setzen voraus, dass der Unternehmer solche Leistungen in eigenem Namen gegenüber seinen Kunden ausführt, dabei aber Reisevorleistungen (Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen) in Anspruch nimmt.

Hinweis

Nicht erforderlich ist es, dass der Unternehmer ein "klassischer" Reiseveranstalter ist. Jeder Unternehmer, der gegenüber Dritten solche Reiseleistungen ausführt und sich dabei der Vorleistungen Dritter Unternehmer bedient, führt Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG aus. Es besteht – anders als bei der ebenfalls zu den Margenbesteuerungen zählenden Differenzbesteuerung[2] keine Optionsmöglichkeit, anstelle dieser Sonderregelung die allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuerrechts anzuwenden.

Grundsätzlich lassen sich die Rechtsfolgen bei der Besteuerung von Reiseleistungen wie folgt zusammen fassen:

  • Die Leistung gegenüber dem Kunden ist eine einheitliche Leistung.
  • Die einheitliche sonstige Leistung ist am Sitz des leistenden Unternehmers ausgeführt, § 3a Abs. 1 UStG. Deutsche Reiseveranstalter führen damit im Inland steuerbare Leistungen aus, unabhängig davon, wohin die Reise geht.
  • Soweit die Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet ausgeführt werden, ist die Reiseleistung steuerfrei.[3]
  • Die Bemessungsgrundlage berechnet sich aus der Differenz aus erhaltenem Reisepreis und den Aufwendungen für die Reisevorleistungen. Die Umsatzsteuer ist mit dem Regelsteuersatz (derzeit 19 %) aus der Differenz herauszurechnen.
  • Führt ein Unternehmer Reiseleistungen aus, nimmt aber dafür nicht nur Reisevorleistungen in Anspruch, sondern führt gegenüber den Reisekunden auch eigene Leistungen aus, muss eine Aufteilung vorgenommen werden.
  • Anstelle der Marge für jede einzelne Leistung kann der Unternehmer – allerdings nur noch befristet bis 31.12.2021 – die Marge für Gruppen von Leistungen oder für die innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Leistungen ermitteln.
  • Aus den Reisevorleistungen ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Aus allen weiteren Kosten (soweit keine Reisevorleistungen vorliegen) kann der Vorsteuerabzug vorgenommen werden.
  • Die Umsatzsteuer aus der Marge darf nicht in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden, sodass ein unternehmerischer Leistungsempfänger keine Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs hat.

Der Gesetzgeber hatte aufgrund des gegen die Bundesrepublik Deutschland durchgeführten Vertragsverletzungsverfahrens mit dem Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität[4] Änderungen in § 25 UStG vorgenommen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft getreten sind:

  1. Ab dem 18.12.2019 war gesetzlich klargestellt worden, dass die Regelungen zu den Reiseleistungen bei Leistungen gegenüber jeglicher Art von Kunden gelten. Bis dahin waren die Regelungen zwingend[5] nur dann anzuwenden, wenn der Leistungsempfänger nicht Unternehmer war bzw. die Leistung nicht für sein Unternehmen bezog.
  2. Derzeit dürfen Unternehmer, die Reiseleistungen ausführen, die Marge auch für Gruppen von Reisen oder für Besteuerungszeiträume einheitlich (Gesamtmarge) ermitteln.[6] Diese Möglichkeit ist m. W. v. 1.1.2022 aufgehoben worden.

Hinweis

Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass der EuGH[7] festgestellt hatte, dass in besonderen Fällen die Anwendung des § 25 UStG auch dann möglich ist, wenn der Unternehmer nicht mehrere Leistungen zu einem "Leistungsbündel" zusammenfasst. In dem entschiedenen Fall mietete der Unternehmer Ferienwohnungen an und vermietete sie in eigenem Namen nur mit zusätzlichen Leistungen, die als Nebenleistungen einzustufen waren, an Reisekunden weiter. Auch in diesem Fall wurde vom EuGH § 25 UStG angewendet und weiterhin festgestellt, dass bei Anwendung der Margenbesteuerung grundsätzlich der Regelsteuersatz zur Anwendung kommt.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

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