Leitsatz

Intensivpflegeleistungen, die eine GmbH durch ihren Geschäftsführer - einen Kranken- und Intensivpfleger - in Krankenhäusern auf Honorarbasis gegen Stundenlohn erbracht hat, sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die gegenüber einer Klinik (Intensiv-)Pflegeleistungen auf Honorarbasis erbracht hat. Die Pflegeleistungen wurden im Streitjahr allein durch den GmbH-Geschäftsführer, einem examinierten Kranken- und Intensivpfleger, ausgeführt. Die für die Umsätze geltend gemachte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG wurde vom Finanzamt nicht gewährt.

 

Entscheidung

Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Die Umsätze der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei und sie kann sich auch nicht auf die Steuerfreiheit von Krankenhausleistungen nach Unionsrecht berufen. Insbesondere erfüllt die Klägerin nicht die Voraussetzungen einer "ähnlichen Einrichtung". Die streitbefangenen Umsätze sind auch nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Diese Befreiung umfasst zwar Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die Klägerin hat allerdings im Krankenhaus nicht "ihre eigenen Patienten" behandelt. Insofern war ausschließlich der Krankenhausträger gegenüber den Patienten abrechnungsberechtigt. Die Leistungen der Klägerin fallen auch nicht in den Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Danach sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufen durchgeführt werden, umsatzsteuerfrei. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Pflegeleistungen ausschließlich im Rahmen der Krankenhäuser ihrer Auftraggeberin erbracht hat. Soweit der BFH die Anwendung dieser Vorschrift bzw. des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG unter anderem auf Dienstleistungen von Belegärzten und Beleghebammen für anwendbar hält, ist zu berücksichtigen, dass Belegärzte und Beleghebammen ihre eigenen Patienten in Räumen eines Krankenhauses unter Inanspruchnahme der Infrastruktur des Krankenhauses behandeln. Eine solche Ausnahmesituation ist vorliegend gerade nicht gegeben.

 

Hinweis

Im nun anhängigen Revisionsverfahren, Az beim BFH XI R 12/19, muss der BFH konkret darüber entscheiden, ob die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG für einen im Krankenhausbetrieb tätigen Unternehmer, der eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit ausübt, voraussetzt, dass er eigene Patienten als unmittelbare Leistungsempfänger behandelt. Ebenso müsste entschieden werden, ob ein Unternehmer zu einer Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG wird, wenn er gegenüber Krankenhäusern tätig wird, obwohl seine Berufsgruppe (hier: Krankenpfleger) üblicherweise in der Wohnung der Patienten und in Pflegeheimen gegenüber Patienten tätig ist. Überdies stellt sich die Frage, ob die klagende GmbH sich wegen Unionsrechtswidrigkeit von § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. bb)-gg) UStG unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen kann.

Nach dem EuGH-Urteil, EuGH, Urteil v. 18.9.2019, C-700/17 (Peters), das nach der Entscheidung des Finanzgerichts ergangen ist, wird der BFH die oben genannten Rechtsfragen vermutlich nicht mehr allesamt beantworten. Denn danach setzt der Tatbestand des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG (bzw. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Behandelndem voraus.

Der BFH hat die EuGH-Entscheidung zwischenzeitlich in anderen Verfahren bestätigt (BFH, Urteil v. 18.12.2019, XI R 23/19; BFH, Urteil v. 18.12.2019, XI R 23/15; BFH, Urteil v. 18.12.2019 XI R 23/19; BFH, Urteil v. 18.12.2019, XI R 23/15). Danach können medizinische Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik nicht nur nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, sondern auch nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei sein (entgegen Abschn. 4.14.2 Abs. 2 Satz 1 UStAE). Ebenso ist danach das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG (entgegen Abschn. 4.14.1 Abs. 1, 4.14.5 Abs. 9 UStAE). Die Revision dürfte daher unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung Erfolg haben.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 22.08.2018, 5 K 237/16

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