Praxis-Beispiel

Vergleich der Optionsmöglichkeiten

Unternehmer Pots hat in 2021 von Lies ein bislang leerstehendes Bürogebäude für 2 Mio. EUR erworben. Er beabsichtigt das Bürogebäude zukünftig zu 75 % für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze und zu 25 % zu umsatzsteuerfreien Ausgangsumsätzen zu vermieten.

Die Veräußerin Lies optierte seinerzeit bei Herstellung vor 8 Jahren selbst zu 100 % zur Umsatzsteuerpflicht. Aus diesem Grund konnte sie die Umsatzsteuer i. H. v. 190.000 EUR auf den Kaufpreis von 1 Mio. EUR in voller Höhe im Rahmen des Vorsteuerabzugs geltend machen.

  1. Ausübung der Option zur Umsatzsteuer zu 100 %

    Hat Lies als Veräußerin des Bürogebäudes bei der damaligen Herstellung zu 100 % Vorsteuer gezogen, weil sie eine vollständige umsatzsteuerpflichtige Vermietung vornehmen wollte, führt die Veräußerung des Bürogebäudes innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 15a UStG immer dann zu einer Rückzahlung von Vorsteuerbeträgen, wenn sie das Bürogebäude in dieser Zeit nicht oder nicht vollständig steuerpflichtig veräußert. Lies muss dann die seinerzeit geltend gemachten Vorsteuerbeträge zeitanteilig korrigieren.

    Wird der Verkauf zwischen Lies und Pots also unter Ausübung der Option zur Umsatzbesteuerung zu 100 % ausgeübt, ist dies für Lies als solches grundsätzlich vorteilhaft. Sie muss damit nicht die seinerzeit abzugsfähigen Vorsteuerbeträge im Rahmen einer Korrektur nach § 15a UStG prüfen und etwaig zurückzahlen.

    Anders verhält es sich in diesem Fall jedoch für Pots: Aufgrund seiner geplanten Gebäudenutzung ist Pots im Falle einer 100-%-Optionsausübung beim Kauf des Grundstücks lediglich berechtigt von der entstehenden Umsatzsteuer i. H. v. 380.000 EUR 75 % als Vorsteuer abzuziehen (mithin 285.000 EUR). 25 % der Umsatzsteuer auf den vereinbarten Kaufpreis fallen für ihn jedoch unter die nicht abzugsfähigen Vorsteuern (mithin 95.000 EUR) und stellen damit für Pots eine unnötige Liquiditätsbelastung von 95.000 EUR dar. Bei Nichtausübung der Option oder aber Ausübung einer Teiloption, wäre dieser Zahlbetrag für Pots nicht entstanden.

  2. Ausübung der Option zur Umsatzsteuer zu 75 %

    Abweichend hiervon besteht für Lies und Pots die Möglichkeit, die Umsatzsteueroption anteilig nur i. H. v. 75 % zu wählen. Da die Option damit ausschließlich auf den Gebäudeteil ausgerichtet ist, den Pots umsatzsteuerpflichtig vermieten möchte, ist der entstehende Umsatzsteuerbetrag i. H. v. 285.000 EUR für ihn in voller Höhe (mithin 285.000 EUR) als Vorsteuer abzugsfähig. Eine weitere Umsatzsteuerbelastung und damit auch Liquiditätsbelastung ergibt sich für Pots in diesem Fall nicht. Die über den Nettokaufpreis hinausgehende Umsatzsteuerbelastung erhält Pots in voller Höhe vom Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung erstattet.

    Lies ist jedoch aufgrund der Teiloption mit Veräußerung des Grundstücks nebst Gebäude so gestellt, als würde sie ab diesem Zeitpunkt das Veräußerungsobjekt nur noch zu 75 % zu umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsleistungen nutzen. Sie ist mithin zur Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG i. H. v. 25 % der seinerzeit geltend gemachten Vorsteuer für die verbliebenen 2 Jahre des 10-Jahres-Zeitraums verpflichtet.

    Es ergibt sich für Lies damit eine zu korrigierende Vorsteuer i. H. v. 38.000 EUR (= 190.000 EUR x 8/10 x 25 %).

Abschließender Vergleich

Vergleicht man die beiden Optionsmöglichkeiten lässt sich erkennen, dass der Liquiditätsschaden

  • im ersten Fall für Pots i. H. v. 95.000 EUR und
  • im zweiten Fall für Lies i. H. v. 38.000 EUR

besteht. Es ist daher anzuraten, dass Lies und Pots sich hier auf ein Entgegenkommen einigen. Lies könnte so z. B. zumindest Teile ihrer Vorsteuerrückzahlung in den Nettokaufpreis einkalkulieren.

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