Zusammenfassung

In der Praxis werden Dauerschuldverhältnisse nicht selten vorzeitig beendet. Da der Wunsch nach vorzeitiger Beendigung meist nur von einer der Vertragsparteien ausgeht, fordert die andere Partei regelmäßig einen finanziellen Ausgleich (Abstandszahlung, Entschädigung etc.) für die vorzeitige Auflösung des Vertrags. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht müssen die Vertragspartner entscheiden, ob es sich dabei "tatsächlich" um nicht umsatzsteuerbare Schadensersatzleistungen handelt oder aber ein umsatzsteuerbares und ggf. umsatzsteuerpflichtiges Entgelt vorliegt, das den leistenden Unternehmer verpflichtet, Umsatzsteuer zeitnah an das Finanzamt abzuführen. Die Finanzverwaltung unterscheidet offenbar danach, ob eine sog. kündigungsbezogene Ausgleichszahlung (nicht umsatzsteuerbarer Schadensersatz) vorliegt oder ob sich die Parteien einvernehmlich auf eine vorzeitige Auflösung des Vertrags geeinigt haben (umsatzsteuerbares Entgelt). Damit liegt sie auf der Linie des BFH. Dennoch verbleiben in der Praxis teils erhebliche Risiken bei Zahlungen wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung.

1 Problematik

Weil sich die wirtschaftlichen/finanziellen Rahmenbedingungen und/oder tatsächlichen Gegebenheiten sehr schnell ändern, ist ein Unternehmer gelegentlich nicht mehr in der Lage bzw. gewillt, lang laufende Verträge bzw. seine Verpflichtungen daraus ordnungsgemäß zu erfüllen. Sind vorzeitige Kündigungsmöglichkeiten (gegen Entschädigungszahlungen) bereits vertraglich eingeräumt, ist die umsatzsteuerliche Behandlung vergleichsweise klar geregelt, weil dann regelmäßig nicht umsatzsteuerbarer Schadensersatz vorliegen dürfte.[1] Deutlich mehr Probleme machen in der Praxis solche Fälle, in denen die Rahmenbedingungen für eine vorzeitige Vertragsauflösung im Vorfeld nicht vereinbart sind bzw. sich die Parteien im Wege eines Vergleichs auf eine frühzeitige Vertragsbeendigung verständigen. Derjenige, der sich im Rahmen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet, muss zeitnah wissen, ob er daraus – eine ordentliche Rechnung vorausgesetzt – den Vorsteuerabzug geltend machen kann und der Empfänger der Zahlung braucht ebenso zeitnah Gewissheit, ob er verpflichtet ist, Umsatzsteuer anzumelden. Außerdem stellt sich sehr häufig die zivilrechtliche Frage, ob der Zahlungsempfänger vom Zahlenden zusätzlich zu der vereinbarten Entschädigung noch die Umsatzsteuer fordern kann oder ob es sich bereits um einen Bruttobetrag handelt. Hinzu kommen oftmals nicht unerhebliche Zinsrisiken, wenn die Finanzverwaltung die Umsatzsteuerpflicht erst im Rahmen einer Jahre später stattfindenden Betriebsprüfung feststellt. Hier besteht für den Zahlungsempfänger zusätzlich das Risiko, dass der frühere Vertragspartner wegen Insolvenz gar nicht mehr greifbar ist bzw. aus anderen Gründen nicht mehr weitergehend verpflichtet werden kann.

2 Gestaltungsempfehlungen

Bereits 2005 hat der BFH viel beachtet entschieden, dass die Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung eines Beratervertrags gegen "Schadensersatz" eine sonstige Leistung sein kann.[1] Im Streitfall hatte eine Anwaltssozietät mit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis einen Beratungsvertrag für die Dauer von mehr als 5 Jahren geschlossen und ein jährliches Pauschalhonorar von 250.000 DM vereinbart. Da sich die Gemeinschaftspraxis wegen Differenzen zwischen ihren Gesellschaftern auflösen wollte, kam es nach schwierigen Verhandlungen zur vorzeitigen Beendigung des Beratungsvertrags gegen Zahlung eines Einmalbetrags i. H. v. 450.000 DM. Entgegen der Auffassung der Anwaltssozietät unterwarf das Finanzamt diesen Vorgang der Umsatzsteuer und forderte aus den 450.000 DM Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen. Nach dem die Klage vor dem Finanzgericht zunächst erfolgreich war, bestätigte der BFH die Auffassung des Finanzamtes.

In der Folgezeit hat er mehrfach entschieden, dass die Leistung "Verzicht auf die weitere Durchführung eines Vertrags gegen Entschädigungszahlung" der Umsatzsteuer unterliegen kann. Danach liegt z. B. ein steuerbarer Verzicht auch vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet.[2] Nach einem Urteil des FG München ist allerdings von nicht steuerbarem Schadensersatz auszugehen, wenn der Mieter vertragswidrig Mietzahlungen einstellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich fristlos gekündigt hat, anschließend vom neuen Mieter eine niedrigere Miete erhalten und als Ausgleich für diesen Mietverlust die Mietkaution des alten Mieters als Schadensersatz einbehalten hat.[3]

 
Praxis-Tipp

Vorsteuer abziehbar

Zur "Vorsteueraufteilung" hat das FG München[4] zugunsten des Unternehmers entschieden, dass Kosten für die vorzeitige Aufhebung eines Pachtvertrags ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in der steuerpflichtigen Verpachtungstätigkeit haben. Gegenüber dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Verpächter bezogenen Verzichtsleistungen ...

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