Aufgrund der Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt[1] mit Recht zum Forderungseinzug[2] oder mit Berechtigung zur Kassenführung werden bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) die noch ausstehenden Entgelte für zuvor erbrachte Lieferungen oder sonstige Leistungen im Augenblick vor der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen uneinbringlich.[3] Die in diesen Kundenforderungen enthaltene Umsatzsteuer ist zu berichtigen.[4] Es handelt sich dabei um die erste Berichtigung, die zu einem Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt führt. Zieht der schwache vorläufige Insolvenzverwalter derartige Forderungen ganz oder teilweise ein, sind die darin enthaltenen Umsatzsteuerbeträge nach der BFH-Rechtsprechung[5] dann fiktive Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO, wenn es sich um einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt[6] und dem Recht zum Forderungseinzug[7] handelt.[8] Gleiches gilt bei der Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit dem Recht zum Forderungseinzug, mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ohne ausdrückliches Recht zum Forderungseinzug oder wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter zur Kassenführung berechtigt ist.[9] Der BFH hat die bisherige Verwaltungsauffassung insoweit bestätigt, als vom Insolvenzgericht ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt und/oder mit Recht zum Forderungseinzug bestellt wurde.[10] Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ist § 55 Abs. 4 InsO nach der BFH-Rechtsprechung jedoch nicht auf Umsatzsteuerverbindlichkeiten anzuwenden, denen der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nicht widersprochen hat.[11]

Die Verwaltung hat ihre an die BFH-Rechtsprechung angepasste Auffassung in Abschn. 17.1 Abs. 13 UStAE zusammengefasst. Diese Regelungen gehen auf zwei BMF-Schreiben zurück.[12] Durch ein weiteres BMF-Schreiben wurde eine Übergangsregelung getroffen.[13] Danach sind die in den Rn. 9 – 23 des BMF-Schreibens vom 20.5.2015 (a. a. O.)[14] getroffenen Regelungen erstmalig auf Besteuerungstatbestände anzuwenden, bei denen die Sicherungsmaßnahmen vom Insolvenzgericht nach dem 31.12.2014 angeordnet wurden. Wurden die Sicherungsmaßnahmen vom Insolvenzgericht vor dem 1.1.2015 angeordnet, sind die bisherigen Verwaltungsregelungen[15] weiterhin anzuwenden.

Nach der aktuellen Verwaltungsauffassung[16] gilt Folgendes:

Umsatzsteuerbeträge aus Umsätzen, die der Unternehmer (späterer Insolvenzschuldner) vor Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit den vorbezeichneten rechtlichen Befugnissen ausgeführt hat, sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen (erste Berichtigung). Gleiches gilt – im Gegensatz zur Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters – für die Umsatzsteuerbeträge aus Umsätzen, die der Unternehmer (späterer Insolvenzschuldner) danach bis zum Abschluss des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausführt. Im Anschluss an die Uneinbringlichkeit kommt es durch die Vereinnahmung des Entgelts nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu einer zweiten Berichtigung. Dem steht nicht entgegen, dass die erste Berichtigung aufgrund der Uneinbringlichkeit und die zweite Berichtigung aufgrund der nachfolgenden Vereinnahmung der Forderung ggf. im selben Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum zusammentreffen. Die aufgrund der während des Insolvenzverfahrens erfolgenden Vereinnahmung von Forderungen entstehende Umsatzsteuerberichtigung begründet eine fiktive Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO.

Ordnet das Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO an, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, werden Drittschuldner aus Leistungen an den Insolvenzschuldner gem. § 24 Abs. 1 InsO nur unter den Voraussetzungen des § 82 InsO befreit. Nach § 82 InsO wird der Drittschuldner nur befreit, wenn er zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Verfahrens nicht kannte. Hat der Drittschuldner mangels Schuldbefreiung nochmals an den Verwalter im Eröffnungsverfahren oder im eröffneten Verfahren zu zahlen, entsteht eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 oder nach § 55 Abs. 4 InsO[17]

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