Der Insolvenzschuldner verliert durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht seine Unternehmereigenschaft. Somit behält er auch die grundsätzliche Berechtigung zum Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG.[1] Abziehbare Vorsteuerbeträge können entweder die Insolvenzforderungen oder die Masseforderungen mindern. Es kommt darauf an, in welchem Voranmeldungszeitraum die Vorsteuerbeträge geltend zu machen sind. Die Vorsteuerbeträge sind nach der BFH-Rechtsprechung[2] ausschließlich in dem Besteuerungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfassen, in dem die Voraussetzungen des § 15 UStG insgesamt vorliegen. Da das Recht auf Vorsteuerabzug materiell-rechtlich bereits entsteht, wenn die betreffenden Gegenstände geliefert werden oder die Dienstleistung erbracht wird, kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Erstattungsanspruchs auf den Besitz der Rechnung nicht an. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch auf Vorsteuerabzug auf einem Verzicht auf Steuerfreiheit (Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG) beruht.[3]

Für den Voranmeldungszeitraum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens richtet sich die Zuordnung der Vorsteuern zu den Insolvenzforderungen bzw. Masseforderungen danach, in welchem Zeitpunkt eine sonstige Leistung in Anspruch genommen bzw. eine Ware bezogen wurde. Wenn die Rechnung mit dem gesonderten Steuerausweis im gleichen Voranmeldungszeitraum eingegangen ist, kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Rechnungseingangs, sondern allein auf den Zeitpunkt des Waren- bzw. Dienstleistungsbezugs an.[4]

 
Praxis-Beispiel

Zuordnung der Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen

Über das Vermögen eines Unternehmers, der monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben hat (Monatszahler) wird am 10.8. das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Vorsteuer für einen Wareneinkauf am 8.8. mindert die Insolvenzforderungen, wenn die entsprechende Rechnung noch im August eingegangen ist. Ist dagegen die Rechnung erst im September desselben Jahres eingegangen, kann die entsprechende Vorsteuer die Insolvenzforderungen nicht mindern.

 
Hinweis

"Starker" vorläufiger Insolvenzverwalter

Wenn das Gericht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter i. S. d. § 22 Abs. 1 InsO bestellt, gelten diese Grundsätze entsprechend.

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