BMF, 06.12.1972, F/IV A 2 – S 7100 – 55/72

Bezug: Sitzung USt IV/71 am 14./15. September 1971 und Ihre Stellungnahmen

Kreditgewährende Banken lassen sich bewegliche Gegenstände, wie Einrichtungsgegenstände, Maschinen usw. sowie Forderungen zur Sicherheit übertragen. Im Konkursfall haben die Banken (Sicherungsnehmer) hinsichtlich der ihnen vom Gemeinschuldner (Sicherungsgeber) vor Konkurseröffnung sicherungsübereigneten Gegenstände bzw. der zur Sicherheit abgetretenen Forderung ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach §§ 4, 48 KO. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die sicherungsnehmenden Banken aus dem Erlös ohne Umsatzsteuer befriedigt werden und ob sie die Umsatzsteuer gegebenenfalls als "Treuhandgeld" an das Finanzamt abzuführen haben.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zu der aufgeworfenen Frage wie folgt Stellung genommen:

Es sind mehrere Sachverhalte zu beurteilen:

  1. Veräußerung von sicherungsübereigneten Sachen durch den Sicherungsnehmer im Konkurs des Sicherungsgebers (§ 127 Abs. 2 Satz 1 KO)

    Beispiel:

    Verkauf einer Maschine durch den Sicherungsnehmer in Höhe von 100 000,– DM
    + 11 % Umsatzsteuer 11 000,– DM

     

    111 000,– DM.

    Durch das Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 48 KO) des Sicherungsnehmers im Konkurs des Sicherungsgebers wird der Sicherungsnehmer dem Pfandrechtsgläubiger gleichgestellt (Jaeger KO 8. Aufl. § 48 Anm. 13).

    Unter Berufung auf die Rechtsprechung des RFH (Urteil vom 26. Mai 1939, RStBl 1939 S. 885) und des BFH (Urteil vom 1. Juni 1967, BStBl 1968 II S. 68; Urteil vom 9. Juli 1970, BStBl II S. 645) wird die Auffassung vertreten, daß der Sicherungsnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem er von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht, auch die Verfügungsmacht über das Sicherungsgut erlangt hat. Bei der Verwertung der zur Sicherheit übereigneten Gegenstände handelt es sich um zwei Umsätze, nämlich um eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und um eine solche des Sicherungsnehmers an den Erwerber.

    Mit der Veräußerung (Verwertung) des zur Sicherung übertragenen Gegenstandes und dem Ablauf des entsprechenden Voranmeldungszeitraums ist auch die Umsatzsteuerschuld für die vorangegangene Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer entstanden, und zwar in diesen Fällen nach der Eröffnung des Konkurses. Die Umsatzsteuerschuld ist daher gemäß § 58 Nr. 2 KO vom Konkursverwalter aus der Konkursmasse vorweg an das Finanzamt zu entrichten (Massekosten), vgl. auch BFH-Urteil V R 121/71 vom 31. Mai 1972, BStBl 1972 II S. 809. Im Fall der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1967 kann der Sicherungsnehmer die aus der Lieferung an ihn entstandene Umsatzsteuer als Vorsteuer unter den Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen. Es ist ferner nicht zu beanstanden, wenn der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber (bzw. dem Konkursverwalter) in Höhe des Entgelts eine Gutschrift mit Steuerausweis erteilt (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 1972 a.a.O.).

    Die weitere Frage, ob der Sicherungsnehmer im Konkurs des Sicherungsgebers in Höhe des Erlöses abzüglich der Umsatzsteuer befriedigt wird, ist allein nach dem Zivilrecht zu beantworten. Einige hierfür zuständige Gerichte (vgl. OLG München, Urteil vom 25. Juni 1970 – 19 U 1018/70, DB 1970 S. 1480; Landgericht Heilbronn, Urteil vom 27. Januar 1970 2 O 301/69, BB 1970 S. 513) vertreten den Standpunkt, daß der Sicherungsnehmer in Höhe des gesamten (einschließlich der Umsatzsteuer) erzielten Erlöses seine eigene Forderung gegen den Sicherungsgeber befriedigen könne. Der Sicherungsnehmer sei damit auch nicht auf Kosten der Konkursmasse ungerechtfertigt bereichert, weil er den erzielten Verkaufserlös einschließlich der Umsatzsteuer für sich behalten dürfe, ohne daß er im Ergebnis eine Steuerlast trage. Denn das zivilrechtliche Entgelt i. S. des § 433 Abs. 2 BGB setze sich zusammen aus dem Entgelt für die Ware zuzüglich der gesetzlichen Steuerschuld. Zwar mag es bedenklich sein, vom "Entgelt" des Sicherungsgebers zu sprechen. Auf Grund der schuldrechtlichen Vereinbarung jedoch, die der Hingabe des Sicherungseigentums zugrunde liegt, ist der Sicherungsnehmer unmittelbar berechtigt, sich in Höhe der gesicherten Forderung aus dem Erlös der Verwertung des Sicherungsgutes zu befriedigen (vgl. auch § 1247 S. 1 BGB); d. h. im Beispielsfall in Höhe von 111 000,– DM. Steuertechnisch wird das durch §§ 14 und 15 UStG bzw. § 15 UStG i. V. m. § 5 der 1. UStDV erreicht. Diese Auffassung ist vom BGH (Urteil vom 22. März 1972 – VIII Z R 119/70, BB 1972, S. 512) bestätigt worden.

  2. Veräußerung von sicherungsübereigneten Sachen durch den Konkursverwalter (§ 127 Abs. 1 Satz 2 KO)

    Veräußert der Konkursverwalter das Sicherungsgut selbst, so kann der Sicherungsnehmer ebenfalls nur seine Rechte auf den Erlös geltend machen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 KO). Die entgeltliche Veräußerung ist umsatzsteuerpflichtig. Im Gegensatz zu der unter 1. erläuterten Verwertung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer lieg...

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