Leitsatz

Die Frage, ob ein Teilabhilfebescheid erlassen werden soll oder ob es zweckmäßiger ist, die Teilstattgabe im Rahmen der Schlussentscheidung über den Einspruch vorzunehmen, erfordert eine Ermessensausübung des Finanzamtes. Eine Teil-Einspruchsentscheidung darf hierbei keine inhaltlichen Unklarheiten über die Reichweite der Bestandskraft entstehen lassen

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2007 Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Das Finanzamt veranlagte die Steuerpflichtige ohne Berücksichtigung der Arbeitszimmerkosten. Mit ihrem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 führte die Steuerpflichtige an, das Arbeitszimmer sei nicht berücksichtigt worden. Ferner wies sie auf die Nichtberücksichtigung der Entfernungspauschale für ihren Arbeitsweg von weniger als zwanzig Kilometern sowie auf die Nichtberücksichtigung von Rentenversicherungsbeiträgen als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften hin und benannte hierzu jeweils anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Das Finanzamt erließ am 12.9.2008 eine Teileinspruchsentscheidung, in deren Tenor es ausführte, der Einspruch werde, soweit über ihn entschieden werde, als unbegründet zurückgewiesen. Sodann benannte das Finanzamt die Rechtsfrage der Anerkennung der Entfernungspauschale sowie diejenige der Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten und erklärte, dass über diese nicht entschieden werde. Im Begründungstext der Entscheidung führte es aus, streitig seien nur die benannten Rechtsfragen. Insoweit ruhe das Verfahren wegen anhängiger Rechtsstreite. Einwendungen, die über die genannten Rechtsfragen hinausgingen, habe die Steuerpflichtige nicht vorgetragen. Die Gesamtfallüberprüfung habe keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass die Festsetzung nicht im Einklang mit den steuerlichen Normen stehe.

Am 8.1.2009 erließ das Finanzamt sodann einen Teilabhilfebescheid, mit dem es die geltend gemachte Entfernungspauschale zum Abzug zuließ. Am 16.9.2011 beantragte die Steuerpflichtige die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2007 zwecks Berücksichtigung der Kosten für das Arbeitszimmer. Sie wies darauf hin, dass hierzu bisher keine Entscheidung ergangen sei. Das Finanzamt lehnte die Änderung ab und verwies auf die Bestandskraft der Teileinspruchsentscheidung.

 

Entscheidung

Das FG ist dem Ansinnen der Steuerpflichtigen gefolgt. Eine Teil-Einspruchsentscheidung darf keine inhaltlichen Unklarheiten über die Reichweite der Bestandskraft entstehen lassen. Danach kann nach Auffassung des FG nicht zu Gunsten des Finanzamtes davon ausgegangen werden, dass die erlassene Teil-Einspruchsentscheidung auch eine Regelung zur Teilbestandskraft für die Kosten des Arbeitszimmers enthielt. Die Teil-Einspruchsentscheidung weist insoweit einen Widerspruch zwischen Tenor und Begründung auf. Während der Tenor für sich allein genommen für eine Entscheidung auch über den Streitpunkt Arbeitszimmer sprechen könnte, legt die Begründung nahe, dass sich das Finanzamt damit gerade nicht befasst hat. Nach Auffassung des FG ist daher über die Frage der Arbeitszimmerkosten im laufenden Einspruchsverfahren noch vom Finanzamt zu entscheiden.

 

Hinweis

Seit der Einführung des § 367 Abs. 2a AO sind Entscheidungen über unselbstständige Teile eines Einspruchs während des laufenden Einspruchsverfahren insgesamt zulässig geworden. Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung steht hierbei im Ermessen der Finanzbehörde, muss aber sachdienlich sein. Dies ist der Fall, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist, während über einen anderen Teil des Einspruchs zunächst nicht entschieden werden kann, weil zum Beispiel insoweit die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO vorliegen oder hinsichtlich des nicht entscheidungsreifen Teils des Einspruchs noch Ermittlungen zur Sach- oder Rechtslage erforderlich sind. Sachdienlich ist es auch, wenn eine Teil-Einspruchsentscheidung das Einspruchsverfahren hinsichtlich aller nicht ausdrücklich angegriffener Bestandteile des Bescheides beendet. Es besteht keine über § 367 Abs. 2 Satz 2 AO (Hinweis auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung) hinausgehende Verpflichtung des Finanzamtes, dem Steuerpflichtigen vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung rechtliches Gehör zu gewähren, damit dieser prüfen kann, ob er noch Einwendungen vorträgt.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 23.10.2013, 6 K 838/13

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