Leitsatz

Trinkgelder, die im Zusammenhang mit der ärztlich angeordneten Behandlung einer Krankheit hingegeben werden, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (Änderung der Rechtsprechung im Urteil vom 22.10.1996, III R 240/94, BStBl II 1997, 346).

 

Normenkette

§ 33 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger, Eheleute, machten für das Streitjahr 1995 Aufwendungen für eine Badekur in Abano (Italien), die sie in der Zeit vom 22.12.1995 bis zum 12.1.1996 durchgeführt haben, in Höhe von 6.657,99 DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Darin enthalten waren Trinkgelder in Höhe von 255,79 DM, die sie während der Kur dem dortigen medizinischen Hilfspersonal gegeben haben wollen. Die Reise wurde über ein Reisebüro gebucht. Die Krankenkassen der Kläger haben die Kur jeweils mit 15 DM je Tag bezuschusst. Das FA berücksichtigte diese Kosten im Einkommensteuerbescheid 1995 nicht, weil die medizinische Notwendigkeit der Kur nicht durch den Medizinischen Dienst oder den Amtsarzt bestätigt worden sei. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde zurückgewiesen.

Während des Klageverfahrens erging auf Anregung des Gerichts ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem die Kosten für die Kur, nicht aber die Aufwendungen für die Trinkgelder anerkannt wurden. Die insoweit und wegen weiterer Streitpunkte aufrechterhaltene Klage hatte hinsichtlich der Trinkgelder Erfolg. Die Revision führte zur Klagabweisung.

 

Entscheidung

Es könne dahingestellt bleiben, ob – wie erforderlich – tatsächlich vor Antritt der Kur ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse eingeholt worden sei, denn die Trinkgelder seien freiwillige Leistungen und daher nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

 

Hinweis

Von jeher werden Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Abweichend vom Gesetzeswortlaut wird die Zwangsläufigkeit der Ausgaben unterstellt. Damit soll vermieden werden, bei einem so persönlichen Rechtsgut wie der Gesundheit in die Intimsphäre des Steuerpflichtigen einzudringen. Bei Aufwendungen, die die Intimsphäre nicht berühren, besteht jedoch kein Grund vom Gesetzeswortlaut abzuweichen und von einer Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grund und der Höhe nach abzusehen.

Trinkgelder berühren nicht die Intimsphäre. Sie sind freiwillige Leistungen und daher unabhängig davon, ob die zugrunde liegende Leistung selbst als außergewöhnliche Belastung zu beurteilen ist, mangels Zwangsläufigkeit nicht abziehbar.

Mit diesem Urteil hat der BFH zudem klargestellt, dass auf ein amtsärztliches Attest nur verzichtet werden kann, wenn tatsächlich vor Antritt der Kur eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen eingeholt wurde. Nicht ausreichend ist, wenn lediglich der Sachbearbeiter bei der Krankenkasse den Zuschuss der Kur bewilligt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.10.2003, III R 32/01

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