Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten bei unverheirateten Eltern eines gemeinsamen Kindes, die einen gemeinsamen Haushalt führen und aus einem Topf wirtschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

Nicht miteinander verheiratete Eltern eines gemeinsamen Kindes, die beide berufstätig sind, einen gemeinsamen Haushalt führen und „aus einem Topf” wirtschaften, können die einkommensteuerliche Zuordnung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten auch dann frei wählen, wenn die Aufwendungen von dem Konto nur eines Elternteils abgeflossen sind, der auch den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte unterschrieben hat.

 

Normenkette

EStG 2002 §§ 4f, 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.11.2010; Aktenzeichen III R 79/09)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 30.05.2007, geändert am 26.09.2007 und am 09.11.2007, in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 07.02.2008, wird dahingehend geändert, dass Kinderbetreuungskosten i. H. v. 660,00 EUR beim Kläger wie Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beim Kläger erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten berücksichtigt werden können.

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Landschaftsgärtner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er wohnte mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind, geb. am 07.04.2004, in einem gemeinsamen Haushalt. Seine Lebensgefährtin erzielte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bruttoarbeitslohn des Klägers betrug knapp 26.000 EUR, der seiner Lebensgefährtin knapp 13.000 EUR. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag wirtschaften die Lebenspartner „aus einem Topf”. Hierzu hat der Kläger im Laufe des Klageverfahrens Belege vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Lebenspartner sich die Miete für die gemeinsame Wohnung teilen, der Kläger beispielsweise die Kosten für Strom und Telefon zu 100 v.H. bezahlt und Kosten für den Pkw von der Lebenspartnerin genutzten Pkw von den Eltern des Klägers gezahlt wurden.

Für die Betreuung des gemeinsamen Kindes in einer Kindertagesstätte wurden vom Konto der Mutter im Streitjahr 990,00 EUR bezahlt. Mit seiner Einkommensteuererklärung für 2006 begehrte der Kläger ursprünglich, 2/3 der Aufwendungen (= 660,00 EUR) als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten im Rahmen seiner Veranlagung wie Werbungskosten gem. § 4 f EStG zu berücksichtigen.

Der Beklagte versagte den Abzug mit der Begründung, die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten seien nicht vom Kläger getragen worden, sondern von der Kindesmutter.

Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit seiner Klage. Der Kläger ist der Ansicht, er könne im Einvernehmen mit der Mutter die gesamten Aufwendungen beanspruchen. Die Kinderbetreuungskosten seien infolge der gemeinsamen Haushaltsführung, bei der aus einem Topf gewirtschaftet werde, von beiden Lebenspartnern gemeinschaftlich getragen worden. Folglich sei auch der Kläger durch die Zahlung der Kinderbetreuungskosten wirtschaftlich belastet.

Überdies hat der Kläger im Laufe des Klageverfahrens geltend gemacht, es seien die gesamten erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten i. H. v. 990,00 EUR anzuerkennen. Dieses Begehren hat der Kläger nicht mehr aufrechterhalten.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 30.05.2007, geändert am 26.09.2007 und am 09.11.2007, in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 07.02.2008 dahingehend zu ändern, dass die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten i. H. v. 660,00 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Einspruchsentscheidung fest und trägt ergänzend vor: Gegen eine Berücksichtigung der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten beim Kläger spreche neben der Tatsache, dass der Betrag vom Konto der Mutter abgeflossen ist auch der Umstand, dass diese und nicht der Kläger den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte unterschrieben hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Kinderbetreuungskosten sind beim Kläger gem. § 4 f i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG 2006 i. H. v. 2/3 der Aufwendungen (= 660 EUR) wie Werbungskosten zu berücksichtigen.

Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen i. S. d. § 4 f EStG 2006 ist – neben weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen – insbesondere, dass der Kläger die Aufwendungen zumindest teilweise getragen hat. Der Abzug gilt nicht nur für Alleinerziehende, sondern gleichermaßen, wenn – wie hier – beide Elternteile zusammenleben und beide erwerbstätig sind. Haben beide Elternteile, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht, Aufwendungen getragen, so ist der Betrag grundsätzlich bei den Elt...

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