Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. regelmäßige Arbeitsstätte eines Finanzanwärters befindet sich im FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Rahmen der Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Dienst der Steuerverwaltung befindet sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Kindes im FA. Die Fahrten zwischen Wohnung und FA sind demzufolge bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge nur eingeschränkt in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

2. Allein die zeitliche Begrenzung durch die Ausbildungsdauer (ca. 3 Jahre) kann nicht dazu führen, dass keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.07.2016; Aktenzeichen XI R 19/14)

BFH (Urteil vom 13.07.2016; Aktenzeichen XI R 19/14)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt für das Streitjahr 2009 Kindergeld für ihren Sohn. Streitig ist zwischen den Beteiligten insbesondere, in welcher Höhe Fahrtkosten bei der Ermittlung des Grenzbetrages zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin ist die leibliche Mutter ihres Sohnes, geboren 1988. Ihr Sohn befand sich von 01.10.2008 bis zum 30.09.2011 in einer Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Dienst der Steuerverwaltung. Er war für die Zeit der Ausbildung dem Finanzamt zugewiesen (Bl. 275 KGA) und für die Zeit vom 06.10.2008 bis 09.04.2009 an die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung abgeordnet. Im Kalenderjahr 2009 hatte er 23 Tage Urlaub und 3 Gleittage genommen (Bl. 278 d. A.).

Für ihren Sohn erhielt die Klägerin zunächst Kindergeld bis 31.12.2008. Mit Bescheid vom 30.10.2008 wurde die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2009 aufgehoben (Bl. 41 KGA). Die voraussichtlichen Einkünfte und Bezüge in 2009 würden den maßgeblichen Grenzbetrag überschreiten. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 24.09.2012 beantragte die Klägerin wiederum Kindergeld für ihren Sohn. Hierbei ermittelte sie die Einkünfte für das Jahr 2009 in Höhe von 7.387,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird hierauf verwiesen (Bl. 161ff. KGA). Mit Bescheid vom 06.11.2012 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für das Kalenderjahr 2009 mit der Begründung ab, der maßgebliche Grenzbetrag von 7.680,00 EUR sei überschritten. Die Beklagte berücksichtigte die Fahrten des Kindes zum Finanzamt abweichend mit der Entfernungspauschale. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid verwiesen (Bl. 237 KGA).

Hiergegen erhob die Klägerin am 21.11.2012 Einspruch. Die Einkünfte und Bezüge würden in 2009 6.813,00 EUR betragen. Auf die Berechnung wird verwiesen (Bl. 266ff. und 306 KGA). Die Tätigkeitsstätte im Finanzamt sei keine regelmäßige Arbeitsstätte. Hierzu verwies sie auf die Urteile des Bundesfinanzhofs vom 09.06.2011 (VI R 55/10, VI R 36/10, VI R 58/09). Die Fahrtaufwendungen seien somit Reisekosten. Bei der Entfernung zwischen Wohnung und Finanzamt seien 20 km und zwischen Wohnung und VFHS 21 km zu berücksichtigen. Diese Strecke sei zwar länger, aber verkehrsgünstiger. Zudem seien die Aufwendungen für Kontoführung, Porto und Druckpatrone anzuerkennen, da es nur einer Glaubhaftmachung bedürfe und nicht des vollen Nachweises. Schließlich begehrt sie die Anerkennung der Reisekosten, die für Fahrten zur Vorbereitung eines dienstlichen Vortrages angefallen seien.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.07.2013 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet ab (Bl. 5ff. d. A.). Der Grenzbetrag sei überschritten, die Einkünfte und Bezüge würden 7.758,46 EUR betragen. Die praxisbezogene Ausbildung des Kindes finde im Finanzamt statt. Dort habe das Kind seine regelmäßige Arbeitsstätte gehabt. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird hierauf verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Sie ist der Ansicht, der Grenzbetrag sei in 2009 nicht überschritten und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Fahrten zum Finanzamt nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen seien. Während des gesamten Studiums ihres Sohnes habe keine regelmäßige Arbeitsstätte bestanden. Sie verweist auf die neuere Rechtsprechung des BFH, wonach sich die regelmäßige Arbeitstätte nach dem Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit richte (BFH-Urteile vom 09.06.2011 VI R 55/10, VI R 36/10, VI R 58/09). Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reiche für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitstätte jedenfalls dann nicht aus, wenn er fortdauernd und immer wieder verschiedene Einrichtungen des Arbeitgebers aufsucht. Der regelmäßigen Arbeitsstätte müsse zentrale Bedeutung zukommen. Wenn keine der Einrichtungen diese zentrale Bedeutung besitzt, habe der Arbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte und übe täglich eine Auswärtstätigkeit aus. In der Folge seien jegliche beruflich veranlasste Fahrtaufwendungen nach Reisekostengrundsätzen zu beurteilen.

Qua...

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