Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Klage der neuen Gesellschafter einer GbR nach vollständigem Gesellschafterwechsel. Wahlrecht zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen steht der Gesellschaft zu. Bekanntgabe eines Feststellungsbescheids, der einen Veranlagungszeitraum vor dem Gesellschafterwechsel betrifft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist bei Auswechselung sämtlicher Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Vermeidung von deren Auflösung eine Fortsetzungsklausel vereinbart, kann nicht die Aufeinanderfolge mehrerer Personengesellschaften angenommen werden. Die Personengesellschaft wird im Klageverfahren, das eine einheitliche Gewinnfeststellung zum Gegenstand hat, vielmehr durch ihre jeweils vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten, selbst wenn diese im strittigen Zeitraum noch nicht Gesellschafter waren.

2. Die Rechtsfrage, wer nach einem Wechsel der Gesellschafter für vergangene, vor dem Gesellschafterwechsel liegende Zeiträume das Wahlrecht zur Inanspruchnahme und Verteilung der Sonderabschreibung nach § 4 FördG in Anspruch nehmen bzw. ausüben darf, war jedenfalls im Februar 1998 noch ungeklärt. Eine insoweit fehlerhafte Entscheidung des FA führt nicht zur Nichtigkeit eines zum damaligen Zeitpunkt erlassenen Feststellungsbescheids.

3. Ein Gesellschafterwechsel oder der Eintritt neuer Gesellschafter in eine GbR hat keine Auswirkungen auf die Befugnis der Gesellschaft, Sonderabschreibungen in Anspruch zu nehmen.

4. Die neu eingetretenen Gesellschafter sind von einem Feststellungsbescheid, der einen Veranlagungszeitraum vor dem Gesellschafterwechsel betrifft, auch dann nicht betroffen, wenn in dem Bescheid eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG berücksichtigt wird und dies zur Folge hat, dass die Inanspruchnahme einer Solchen durch die neu eingetretenen Gesellschafter in einem späteren Veranlagungszeitraum ausgeschlossen ist. Dieser Bescheid ist daher nur den damals beteiligten Gesellschaftern bekanntzugeben; die neu eingetretenen Gesellschafter müssen ihn gegen sich gelten lassen.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1, § 40 Abs. 2; FördG § 1 Abs. 1 S. 2, § 4; AO § 122 Abs. 1, § 124 Abs. 1, § 125 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.11.2016; Aktenzeichen IV R 26/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zulässigkeit einer Klage durch die neuen Gesellschafter einer GbR nach vollständigem Gesellschafterwechsel. In der Sache geht es um die Wirksamkeit eines Feststellungsbescheids für das Jahr 1995 vom 19.02.1998, im Rahmen dessen der Beklagte den damaligen Gesellschaftern AAA GbR (= den Herren BBB, EEE, III) aufgrund der durch sie am 19.01.1998 eingereichten Feststellungserklärung eine Sonderabschreibung nach § 4 des Förderungsgebietgesetzes (FördG) in Höhe von DM 1.523.505 gewährt hat, obwohl die Herren BBB, EEE, III in 1997 bereits aus der GbR ausgeschieden waren.

Der BFH hat das Revisionsverfahren wegen des Feststellungsbescheids für 1997, in dem die Sonderabschreibung nach einem vollständigen Gesellschafterwechsel geltend gemacht wurde, durch Beschluss vom 21.12.2005 im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ausgesetzt (Az: IV R 46/04).

Die Klägerinnen sind Beteiligte an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der heute Frau CCC zu 2/3 und deren Tochter, Frau DDD, zu 1/3 beteiligt sind. Die GbR tritt heute unter der Geschäftsbezeichnung CCC/DDD GbR auf.

Ursprünglich waren die Herren BBB, EEE, III zu je 1/3 an der AAA GbR beteiligt. Herr BBB ist mittlerweile am 28.03.2010 und Herr EEE am 28.06.2010 verstorben. Sie hinterließen keine Rechtsnachfolger. Die früheren Gesellschafter erwarben als GbR-Gesellschafter 1993 ein Grundstück in FFF und errichteten darauf in der Folgezeit ein Wohn- und Geschäftshaus mit dem Ziel der gewerblichen Vermietung, das 1994 fertig gestellt wurde. U.a. vermietete die AAA GbR einen Teil des Gebäudes an die GGG GmbH, deren Gesellschafter zu jeweils 50 % die Herren BBB und EEE waren. Steuerlich lag damit eine Betriebsaufspaltung vor mit der Folge, dass die GbR mit der Vermietung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte und das Grundstück Betriebsvermögen wurde.

Am 06.06.1996 reichte die AAA GbR die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung (Feststellungserklärung) für das Kalenderjahr 1994 beim Finanzamt ein. Mit der beigefügten Gewinnermittlung 1994 beantragte die Gesellschaft für die Herstellung des vermieteten Gebäudes Sonderabschreibungen nach dem FördG i.H.v. 102.855 DM, die das damals zuständige Finanzamt HHH durch bestandskräftigen Feststellungsbescheid 1994 gewährte.

Auf Grund eines privatschriftlichen Vertrages vom 18.07.1996, später bestätigt durch notarielle Urkunde vom 16.09.1996, schieden zunächst EEE und BBB aus der Gesellschaft aus und übertrugen ihre Anteile auf die Klägerin CCC. Mit weiterem Vertrag vom 28.11./16.12...

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